Der Übertragungswagen Ü32 der Funkstunde

Uebertragungswagen der Funkstunde

Übertragungswagen Ü 32 der Funkstunde Rückreise von Aufnahmen im Schloss Elmau

Unser Ü32 zählt nach den üblichen Maßstäben eigentlich nicht zu den Oldtimern, ist aber  doch schon jetzt ein interessantes Objekt der Rundfunkgeschichte. Das Fahrzeug allein, ein Ford Transit, vielleicht weniger, aber komplett mit seiner eingebauten Studioanlage umso mehr. Hauptgrund: Dieser Ü-Wagen gehört zu den letzten überhaupt gebauten mobilen Rundfunkstudios in rein analoger Technik! Wir konnten den Wagen glücklicherweise vom NDR erweben. Seinen Nachfolger, ein sehr elegantes Fahrzeug mit Stern, habe ich gesehen: Ein PC auf dem Tisch und eine SAT-Antenne… DEN brauchen wir nicht! Zurück zum Ü 32: Das 6/12 Kanal Mischpult und die beiden Bandmaschinen stammen von Studer, die umfangreiche weitere Ausstattung von Fa. Monitora, die wie die meisten alten großen einschlägigen Hersteller nicht mehr existiert (TAB Tonographie, Eckmiller, EAB, Maihak Studiogeräte, Vollmer, Telefunken, Frey und einige andere). Es nicht zu übersehen, dass Monitoras Chef Schellenberger besonders gerne Ü-Wagen plante und baute. Abgehört wird mit Lautsprechern MM201 von Klein und Hummel (bedauerlicherweise jetzt von Sennheiser übernommen), das eingebaute Motorola NÖBL GM900 ist umprogrammiert für Amateurfunk unter meinem Rufzeichen DJ8JI. Ein Hallgerät ist an Bord, und für die, die es nicht besser haben wollen, ein DAT-Recorder. Vor der Abreise kommen dann feinste Mikrofone von Schoeps, Neumann und Beyer an Bord. Die Fotos zeigen das gemütliche Innenleben des Arbeitsplatzes bei Aufnahmen und die äußerst praktische sonstige Einrichtung.
Uebertragungswagen Innenraum

Übertragungswagen Ü 32 der Funkstunde. Hersteller Monitora

Mit einem Griff hat man die benötigten Utensilien für den Aufnahmesaal in praktischen Koffern bereit.

Rückansicht Ü 32 Kabeltrommeln und Zubehörkoffer

Rückansicht Ü 32 Kabeltrommeln und Zubehörkoffer

Über 2 Kabeltrommeln sind 12 Wege verfügbar, dazu Funkstrecken. Der auf 10m Höhe ausfahrbare Antennenmast ließ schon bei einigen Beobachtern die Befürchtung aufkommen, dass der Ü 32 zum anpeilen von GEZ-Sündern diene… Und was konnten die Techniker sonst noch alles in ein solches Fahrzeug einbauen:        2 Telefone, davon eines geschaltet für Telefon-Interviews, Außenbeleuchtung, Alarmanlage, beheizte drehbare Sitze, Standheizung, PA-Anlage, Batterien für 6 Stunden Betrieb ohne Netz usw. Monica Akihary und Niels Brouwer, das Duo Boi Akih, hörten sich nach einem brillanten Konzert unsere analoge Aufnahme an… und waren begeistert!An diesem Abend „entdeckte“ Monica auch für ihre Stimme die Qualitäten unseres Beyer Bändchenmikrofons M500.
Monica Akihary und Niels Brouwer hören analog im Ü Wagen Ü 32

Monica Akihary und Niels Brouwer hören analog
im Ü Wagen Ü 32

Ihr Neumann blieb an diesem Abend in der Schatulle.  (Musikbeispiel  Duo Boi Akih) Seit Jahrzehnten machen wir nur rein analoge Tonaufnahmen in den Bereichen  Klassik und gehobene U-Musik. Anfang der 80er hämmerte die ausschließlich von wirtschaftlichen Interessen bestimmte Industrie (siehe den legendären albernen „Gasbeleuchtung“ – Auftritt Karajans mit Sonys Chef Morita) Musikern  und Hörern, die ja nur selten technisch verstanden, um was es im Detail eigentlich ging, ein, DIGITAL muss es sein! So wurden wir in den ersten Jahren des neuen Spielzeugs von Musikern vor Aufnahmen regelmäßig gefragt „macht ihr das auch digital?“ Wir verneinten und verloren so etliche Aufnahmen. Eine konsequente Haltung wird aber doch hier und da belohnt… Heute ist es genau umgekehrt! Die Handvoll dB´s , die die Digitaltechnik mehr an Fremdspannungsabstand bietet, interessieren mit Blick auf den gleichzeitig verlorenen Klang heute niemanden mehr. Wir erleben dafür glückstrahlende Gesichter bei Musikern und den Hörern, die bei einem Besuch hier im Studio ein ach so altmodisches Band hören!
collegium con basso, Hamburger Streichquintett

collegium con basso, Hamburger Streichquintett

vor dem Übertragungswagen Ü 32 der Funkstunde. v.l. nach r.:Henning Demgenski, Klaus Dieter Bachmann, Johannes Brüning, Hannelore Michel, Georg Nothdorf.

Der Tonband-Profi Armin Vögeding drückte es sinngemäß so aus:

Jeder Meter Band ist wie ein Gedicht!

J.B.