Stationen eines Mischpultes
Nur rund 20 Jahre währte die Ära der großen stereo Ton-Mischpulte in analoger Röhrentechnik mit ihrer unerreichten Klangqualität beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk, ganz grob etwa von 1960-1980. Grundsätzlich gab es natürlich auch vorher, spätestens seit der Einführung der V 41-Technik um 1939, eine sehr hohe und mit der V 72 Technik vergleichbare Übertragungsqualität der Regieeinrichtungen der Funkhäuser, aber die Anforderungen an die Schalt-, Regel-, Misch- und Entzerrungsmöglichkeiten sowie an die Zahl der Mikrofonwege waren sehr bescheiden im Vergleich zur Stereozeit.
Erste Stereopulte waren noch in etwas experimenteller Art gebaut wie hier z.B. ein Exemplar beim SFB. Die Toningenieure sammelten aber schnell Erfahrungen, zunächst lag das konzeptionelle Schwergewicht mit Blick auf den Mono-Hörer mit seinem Henkelmann auf der M-S Technik, schnell wurde sie von L-R Technik abgelöst, die Stabilität der Kanaltrennung blieb bei M-S Anlagen immer ein kleines Problem. Nun zu einem der wenigen großen Telefunken Pulte der Stereozeit, mit denen ich als Musiker und Technikfan von 1970 bis zu seinem traurigen Ende zu tun hatte: Die Anlage in der Regie des großen Sendesaales des NDR Hannover.
Erste Station: Ein Werbefoto von Telefunken in den Rundfunktechnischen Mitteilungen von 1968. Dann das bekannte Foto der Anlage im NDR Studio aus dem Handbuch zum Klein und Hummel Lautsprecher OX mit den Herren Lepski und Staude am Pult.
Ein besonders gutes Bild mit Blick auf das Rundfunkorchester des NDR Hannover zeigt den Toningenieur Otto Drechsler. Einige der Musikerkollegen auf dem Bild sind mir gut bekannt, ich hatte 1970 die Freude, über ein Jahr in dem Orchester Konzertmeister zu sein.
Und zwar unter dem fabelhaften Chefdirigenten Willi Steiner. Was ich damals noch nicht wusste: Steiner war einer der meistbeschäftigten Musiker bei der …FUNKSTUNDE! Sei es mit seinen Musikerbrüdern als Kapelle Gebrüder Steiner, als Dirigent oder als Geiger! Und so kam es, daß ich genau über dieses Pult zusammen mit einem echten Funkstundler viel Musik aufgenommen habe. Und eines bleibt mir völlig unvergessen: In einer persönlichen Problemsituation, wo ich Hilfe gesucht habe, hat sich Willi Steiner als eine Ausnahmepersönlichkeit erwiesen und eine große Haltung gezeigt, die mich heute noch bewegt! Dem „Fortschritt“ beim Rundfunk fiel das Pult um 1977 zum Opfer, aber es bekam einen Ehrenplatz bei seinem prominenten neuen Besitzer: Hermann Hoffmann!