Eine Studentin der Museologie auf dem Weg zur FUNKSTUDE

An einem schönen Julitag, wir veranstalteten gerade unser Sommerfest, erschienen Susanne und Robert bei uns. Sie waren aus Leipzig und Waltershofen angereist, hatten von unserer FUNKSTUNDE gehört und wollten sich die Sache einmal genauer ansehen. Sie wurden gerne aufgenommen, entpuppten sich als interessierte Gesprächspartner in Sachen alter Technik. Ihre Vorliebe galt allerdings nicht so sehr der historischen Studiotechnik, sondern bezog sich auf Radios, speziell denen aus der DDR, verbrachten die Beiden doch dort die meiste Zeit ihres jungen Lebens. Nun liegt der Schwerpunkt unserer FUNKSTUNDE nicht unbedingt im Sammeln von historischen Radiogeräten, obwohl wir auch ein paar wenige Exemplare in der Vitrine haben. – Wir diskutierten weiter, zu vorgerückter Stunde stellte sich nun die Frage nach einer Unterkunft für Susanne und Robert. Unser Haus war komplett belegt, sogar im Dachstübchen stapelten sich die Gäste. Was tun? Wir redeten weiter und erfuhren, dass Susanne den Studiengang Museologie an der HTWK in Leipzig belegt hatte und sich auf eine Prüfungsarbeit vorbereitete. Ihr Freund Robert ist im beruflichen Leben Computerfachmann, im Herzen jedoch ein Fan und Sammler von antiken DDR – Radios. Was lag da näher, als sich zusammenzutun: Susanne beschreibt in ihrer Arbeit den Zeitgeist jener vergangenen Jahre und Robert stellt die schönsten Stücke aus seiner Sammlung zur Verfügung. Herausgekommen ist die Ausstellung RadioStationen.

Das Pult der Funkstunde... "NUR EINS KAM DURCH..."

Das Pult der Funkstunde… „NUR EINS KAM DURCH…“

Einen Eindruck davon können Sie hier bekommen.

Der Abend bei uns endete so: Susanne und Robert holten ihre Schlafsäcke aus dem Auto und verschwanden in der Studio – Regie hinterm Pult.

Wir hoffen, sie hatten eine gute Nacht.

 
Ausstellungsplakat

Ausstellungsplakat

Susannes Bericht

Am 29. Mai 2012 öffnete die kleine Ausstellung RadioStationen – Von Radios in der DDR – ihre Türen. Im Rahmen einer Prüfungsleistung des Studienganges Museologie an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK) ließen vier Studenten das Radiowesen der DDR aufleben. Im Blickpunkt der Ausstellung stand das Radioempfangsgerät als solches und die Stationen, die es in seinem Leben durchlaufen konnte.

Station 1, Der Betrieb

Station 1, Der Betrieb

Diese Bereiche zeigten, unter welchen Gesichtspunkten die Geräte gestaltet und hergestellt wurden, wie sie im Alltag genutzt wurden, welches Zubehör mit ihnen in Verbindung stand und zu guter Letzt, was mit ihnen passierte, wenn sie einmal kaputt gingen. Die erste Station „Der Betrieb“ fokussierte vorrangig die Gestaltung von Formen und Verwendung von Materialien im Wandel der Zeit von den 1950er bis 1980er Jahren, dargestellt von je zwei prägnanten Vertretern.

Station 2, Zuhause

Station 2, Zuhause

Das Design ist in der DDR Staatsaufgabe und untersteht klaren Vorgaben. „Formgestalter“ arbeiten in Kollektiven und sind den Betrieben zugeteilt. Auswahl billiger Materialien ist bestimmt durch Ressourcenknappheit und Mangelwirtschaft. Dominiert in den 50er Jahren noch eine rückwärtsgewandte, möbelartige Form mit Holzverkleidung und abgerundeten Ecken, so entwickelt sich in den 60er Jahren eine klare sachliche Linie im Baukastenprinzip. Duro- und Thermoplasten sind die neuen Materialien, die sich hervorragend für die Serienproduktion eignen. Mit der Weiterentwicklung der Technik von Röhren zu Transistoren, gelingt es in den 70er Jahren, die Geräte immer kleiner werden zu lassen. Der Trend der 80er Jahre ist die Hi-Fi-Komponentenanlage mit Gehäuse aus Metall. „Zuhause und unterwegs“ war das maßgebliche Thema der zweiten Station. In dieser wurde der Alltag mit den Geräten gezeigt. Radios sind in der DDR keine Mangelware. Trotzdem gehören sie zu den Luxusgütern und sind dementsprechend teuer, was anhand von Kaufbelegen und Originalkartons dargestellt wurde. In der Regel gestaltet es sich schwierig, ein bestimmtes Modell zu erlangen. Auch wenn in Zeitschriften für bestimmte Geräte geworben wird, ist dies keine Garantie für den Erwerb. Radios und ihre Zusatzgeräte prägen die Wohnungseinrichtung. So gibt es Spannungsregler für die älteren Modelle, um bei Stromschwankungen auszugleichen, oder externe Lautsprecherboxen für den Stereo-Effekt. Außerdem gehören Radios zur Freizeitgestaltung.

Hörstation

Hörstation

Kleine handliche, tragbare Geräte können mittels Griffen oder zugehörigen Tragetaschen im Garten, im Park oder auf dem Campingplatz genutzt werden. Zum Verweilen lud eine Hörstation ein, in der die Besucher Ausschnitten aus Interviews lauschen konnten. Zeitzeugen äußerten sich, in Erinnerungen schwelgend, über ihr erstes Radiogerät, ihre Lieblingssender, heimlich gehörte Westsender und besonders wichtig: das Mitschneiden. Historische Fotos, die den Alltag mit den Geräten zeigen – ob in der Schrankwand oder auf der Wiese – runden die Erinnerungsecke ab. Die Nostalgie blieb dabei nicht auf der Strecke. So einiges „Ah!“ und „Oh!“ und „Das hatten wir auch!“ war von den Besuchern zu vernehmen.

Station 3, Die Werkstatt

Station 3, Die Werkstatt

Die dritte Station „Die Werkstatt“ hätte genauso gut „Der Radiobastler“ heißen können. Nicht selten kommt es vor, dass ein Radiogerät kaputt geht. Aufgrund der hohen Preise ist eine Reparatur immer lohnend und es findet sich jederzeit jemand, der über die nötigen Fertigkeiten verfügt. Ausgestellt waren sowohl Schaltpläne, die mit den Geräten geliefert (Bild „Station 3, Die Werkstatt“) wurde bzw. auf älteren Modellen auf der Rückseite gezeichnet waren, Fachbücher für jugendliche Bastler und fortgeschrittene Hobbytechniker und einige Beispiele für Ersatzteile und Werkzeuge. Nebenbei wurde mittels geöffneter Geräte der Unterschied zwischen Röhren- und Transistortechnik erklärt. Die Ausstellung war eine Woche lang in den Räumlichkeiten der HTWK zu sehen. Dank reger Anteilnahme von Verwandten und Freunden der Studenten konnte eine großartige, differenzierte Zusammenstellung von Radiogeräten, Zubehör, Ersatzteilen, Zeitschriften und Büchern, aber auch Fotos ermöglicht werden.

Man kann sagen, dass die Ausstellung „RadioStationen“ eine nächste, eine vierte Station darstellt, nämlich das Radio als Nostalgieobjekt und Museumsgut. Denn auch wenn die DDR- Radiogeräte kaum noch in ihrer ursprünglichen Funktion Verwendung finden, so gibt es doch eine reichliche Anzahl an Sammlern oder Technikmuseen, die sich ihrer annehmen und ihre Existenz wahren.