Ingenieur Hugo Maihak: Eine Geschichte
von Monika Wersche
1858 wurde Hugo Maihak in Myslitz in Oberschlesien geboren. Er wuchs in eine Zeit politischer Wirren, wirtschaftlicher Umwälzungen und sozialer Veränderungen hinein, von denen der kleine Hugo in seinem wohlbehüteten Elternhaus allerdings noch nichts ahnte: Während im Britischen Empire bereits seit 1743 „God save the King“ gesungen wurde, 50 Jahre später in Frankreich die Marseillaise, war es in deutschen Landen mit dem Nationalbewußtsein nicht weit her. Bis zur Reichsgründung von 1871 galt hier das Motto: „Wes Brot ich eß`, des Lied ich sing“.
Deutschland war um die Mitte des 19. Jahrhunderts in zahlreiche Klein- und Kleinststaaten zersplittert, in denen z. T. noch feudale Strukturen herrschten, und es gab nur wenige Freie Städte, in denen die Bürger ihr Recht auf freie Meinungsäußerung am ehesten durchsetzen konnten.
In den übrigen Fürstentümern dagegen galt das jeweilige Recht des Landesherren: Hatte jemand die falsche Religion, oder fiel aus anderen Gründen in Ungnade, konnte er sich vor Zorn, Verfolgung oder Verbannung nur retten, indem er entweder in eine andere Provinz flüchtete, sich ins Ausland absetzte, beispielsweise in die Vereinigten Staaten von Amerika, oder eben in eine dieser souveränen Freien Städte.
Die Leibeigenschaft war zwar gesetzlich aufgehoben, jedoch vor allem in den östlichen Gebieten Deutschlands in Form von Erbuntertänigkeit noch gang und gäbe. Um ihrer Fron zu entgehen und mit der Hoffnung auf ein besseres Dasein, zog es landlose Bauern, Knechte, Mägde, zunftlose Handwerker, entlassene Soldaten, Tagelöhner aus den ärmlichen ländlichen Gebieten in die industriellen Ballungsgebiete jener Tage, etwa nach Berlin, Frankfurt, Köln, Düsseldorf, oder in die reichen Handelsstädte wie Hamburg, Lübeck, Bremen. Bis in den letzten Winkel der Provinz hatte es sich herumgesprochen: In der Stadt gibt?s was zu verdienen. – Wer konnte, setzte sich in Bewegung, verließ die vertraute Heimat, ging das Risiko einer ihm unbekannten, ungewissen Zukunft ein. – Egal, es herrschte Aufbruchstimmung: Massen von Menschen strömten in die Städte, verdingten sich als Dienstmädchen, Waschfrauen, Laufburschen, Handlanger; vor allem gab es Arbeit in den Fabrikhallen der neu entstandenen Industriebetriebe. Arbeit und Lohn! – Hier wurde man gebraucht, hier konnte man vielleicht sein Glück machen. – Viele fanden zwar ein Auskommen, doch nur die wenigsten kamen zu Reichtum in ihrem neuen Leben.
Wer allerdings wie Hugo Maihak in eine wohlhabende Familie hineingeboren wurde, dem war die berufliche Laufbahn vorgegeben; in diesen Kreisen wurde man entweder Offizier, Wissenschaftler, Kaufmann oder Ingenieur. Maihak wählte letzteres.
Lehrjahre an der Bauakademie Berlin
Nach dem Besuch der Gewerbeschule in Brieg schickten die Eltern ihren Hugo 1877 nach Berlin auf die ehemalige dortige Bauakademie. Hier belegte er das Fach Maschinen-Ingenieurswesen, einem noch jungen Zweig der Technischen Wissenschaften, der jedoch für die weitere industrielle und wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands eine Schlüsselfunktion einnehmen sollte. In seinem vierjährigen Studium wurde Maihak mit den Theorien seiner Fast-Zeitgenossen vertraut, von Georg Simon Ohm, dessen Maßeinheit heute jedes Kind kennt, oder denen von Carl Friedrich Gauss, der zusammen mit Weber den elektromagnetischen Telegraphen erfand und Mitbegründer des ersten physikalischen Meßsystems war, oder Heinrich Goebel, der die erste brauchbare Kohlefadenglühlampe erfand, um nur einige wichtige Mathematiker, Physiker, Chemiker zu nennen; mit v. Siemens, Otto und Diesel arbeitete Maihak später zusammen.
Von Siemens verlegte die erste unterirdische Telegraphenleitung von Berlin nach Frankfurt und erfand den Dynamo. Die erste deutsche Dampfeisenbahn fuhr 1835 von Fürth nach Nürnberg. Angesteckt vom Erfindergeist seiner großen Lehrer, hatte der begabte Student Maihak nur eines im Sinn: da möchte ich mitmischen. Seine Vorliebe galt der Feinmechanik und dem Meßwesen, und hier speziell dem Maschinen-Indikator. James Watt, der englische Mathematiker, verwendete bereits 1790 solch einen Indikator in seiner Dampfmaschine; das war ein Meßgerät, das den Druckverlauf des Dampfes im Zylinder der Kolbenmaschine während des Arbeitshubs erkennbar und eben meßbar machte.
Nach Abschluß seines Studiums setzte Maihak da an, wo Watt aufgehört hatte. Für immer komplizierter werdende und verfeinerte Maschinentypen entwickelte er dem jeweiligen Bedarf angepaßte und präziser arbeitende Meßgeräte, sie wurden in den verschiedensten Bereichen der Industrie unentbehrlich, etwa im Schiffs- oder Bergbau. Mit seinem Druckdiagramm-Schreiber, auch Maihak-Indikator genannt, und seither für jeden Maschinenbauer ein Begriff, erlangte er Weltruhm.
Wissenschaftler, „Tüftler“, Handelsmann – der Umzug nach Hamburg
Da Maihak nicht nur ein begnadeter Wissenschaftler und Techniker war, sondern ein ebenso weltgewandter Mensch mit einem ausgeprägten Händchen fürs Kaufmännische, sah er, nach mehrjähriger Tätigkeit in Berlin, die Chance seines Lebens in einem Umzug von Berlin in die Freie- und Hansestadt Hamburg. Handel und Industrie blühten. Der Hafen, das „Tor zur Welt“, versprach direkten Zugang zu den Märkten ferner Länder mit ihrem immensen Hunger nach Waren, Gütern und vor allem Maschinen.
Zur rechten Zeit am rechten Ort, knüpfte Maihak erst einmal Kontakte. Mittels eines Kontors, das er 1885 am Rödingsmarkt eröffnete, importierte und vertrieb Maihak für die Firma des Maschinen-Ingenieurs Georg Klug Armaturen und Meßgeräte. 1886 wurde die Firma Klugs in das Handelsregister eingetragen, 1890 übernahm sie Maihak. Er erweiterte sein Geschäft durch erhöhte Einfuhren aus England und Amerika, auch die Firma des Engländers Crosby, damals führend auf dem Markt der Maschinen-Indikatorherstellung, konnte er erwerben. Sie wurde in H. Maihak umbenannt. Um seinen Betrieb auf eine noch breitere Basis zu stellen, änderte Maihak seine Firma im Jahre 1900 in die H. Maihak Aktiengesellschaft um. Außerdem vollzog er einen Strukturwandel: Aus seinem Handelsbetrieb machte er einen Reparatur- und Fabrikationsbetrieb, der sich mit der Herstellung von Spezialarmaturen und Maschinen-Indikatoren für die Industrie befaßte. Damit verbunden war ein Umzug in die Reichenstraße 47.
Für die Fabrikation der Indikatoren und von anderen immer spezieller werdenden Meßgeräten wurden bald größere Räume gebraucht; von 1905 angemieteten Werkstätten im Grevenweg 57 zog die Firma in die Geibelstraße um, wo sie bis 1939 blieb. Hier produzierte man nun zum ersten Mal in eigenen Werkshallen. Ein Prospekt von 1911 gibt einen Eindruck von dem umfangreichen Herstellungsprogramm Hugo Maihaks. Für die Verwaltung kam noch ein dreistöckiges Gebäude hinzu. Der Betrieb vergrößerte sich später um einen weiteren Bürokomplex mit anschließenden Produktionsstätten in der Semperstraße 24 – 38, denn Dampfmaschinen, Dampfkessel, Drehbänke, Bohrmaschinen, Fräsmaschinen und, und, und … brauchten jede Menge Platz …
der Semperstr.
Hamburg-Winterhude
Die ersten großen Erfolge seiner Firma konnte Maihak noch selbst miterleben, auch den Grundstein für seine Fabrikanlagen auf eigenem Grund und Boden legte er selbst, doch dann verstarb Maihak leider im Jahre 1912 im Alter von nur 54 Jahren. – Heute kann man sagen: Maihak gehörte zu denen, die dazu beigetragen haben, Maßstäbe für die in aller Welt hochgeschätzte „deutsche Wertarbeit“ zu setzen, und seine Nachfolger haben diese Tradition fortgeführt, was wir am Beispiel der für die FUNKSTUNDE besonders interessante Rundfunkstudiotechnik an späterer Stelle sehr intensiv betrachten werden.
Zuvor ein kurzer Blick auf 1) den MONO-Gasanalysator und 2) die MDS-Geräte, zwei weitere wichtige Geräte Maihakscher Entwicklungs- und Präzisionsarbeit neben dem Indikator, die sich ebenfalls weltweit durchgesetzt haben.
Zu 1): Steigender Energiebedarf in den verschiedensten Industriezweigen, etwa Glashütten, Zuckerfabriken, Gießereien, Kalkwerken oder in der Erdölindustrie, machte einen sparsamen Umgang speziell mit dem vorrangigen Energieträger Kohle notwendig. Unter dem Schlagwort „Spart Kohle“ entwickelte die Tochtergesellschaft der Maihak AG, die MONO, ein Meßsystem, mit dessen Hilfe die chemische Zusammensetzung von Rauchgasen in Dampfkesseln bestimmt, gemessen und automatisch überwacht werden konnte. – Der Gruben-MONO, ein berühmtes Spezialgerät, fand als Sicherheitssystem für Arbeiten unter Tage seinen Einsatz. Er diente dem Schutz der Arbeiter, denn er konnte den Methangehalt in Bergwerken überwachen und eine Schlagwettergefahr rechtzeitig anzeigen. – Nach der Erfindung des Verbrennungsmotors durch Otto und Diesel, trat die Dampfmaschine allmählich in den Hintergrund und die Ingenieure der Maihak AG sahen sich neuen technischen Herausforderungen gegenüber.
Zu 2): 1920/21 entwickelte die Firma die ersten MDS-Geräte, nach „Maihak Dauerschwingende Saite“ benannt, eine Technik, die bei allen Maihak – Geräten Anwendung fand, die als Meßelement eine schwingfähig gespannte Stahlsaite benutzten und Druck, Dehnung, Neigung oder Temperatur messen konnten. Um nur einige wesentliche Einsatzgebiete von MDS-Geräten zu nennen: der Beton-Dehnungsmessser beim Bauen von Staudämmen, die MDS-Spitzensonde zur Untersuchung der Festigkeit des Bodens, der MDS-Sohlwasserdruckgeber, der Auskunft über die Unterspülung von Wasserbauten gab, Temperaturmesser verfolgten den Temperaturverlauf in Betonbauten oder in Erdölsonden. Die Liste der Anwendungsgebiete könnte beliebig verlängert werden. – Die beiden Weltkriege hat das Unternehmen überstanden, indem es im 1. Weltkrieg für Heer und Marine produzierte, im 2. Weltkrieg u.a. für die Luftfahrt. Die zivile Fertigung nahm Maihak nach einer Durststrecke von ca. 3 Jahren erst 1947/48 wieder auf. Bis in die 60er Jahre bot Maihak eine ganze Palette von Spezialmeßgeräten an, die u.a. im Fernmeldewesen eine Rolle spielten. Mit dem Bau von Ton-Studiogeräten für Rundfunk, Fernsehen und Film, die eigentlich nicht in das traditionelle Sortiment paßten, landete Maihak ab Ende der 40er Jahre noch einmal einen Coup, der der Firma unweit vom Goldbekkanal in Winterhude einen legendären Ruf einbrachte. Bis heute lecken sich Fans in aller Welt die Finger nach den edlen und seltenen Stücken Maihakscher Bauart; und wer sich die Website der FUNKSTUNDE ansieht oder das Museum der FUNKSTUNDE besucht, wird eine Überraschung erleben: Hier kann der Besucher all die „Schätzchen“ sehen und ggf. hören, die Johannes Brüning im Laufe seines Lebens gesammelt hat und in seinem „lebendigen“ Museum präsentiert.
Fangen wir mit dem „Reportofon“ an.
Vom Tonschreiber C zum Reportofon
1948 benötigte der sich im Wiederaufbau befindende NWDR zusätzlich zu seinen Werkstätten eine „verlängerte Werkbank“, also Hersteller, die die bei der Zentraltechnik entwickelten Geräte mit ihren hohen Anforderungen herstellen konnten, wie dies für den Rundfunkbetrieb notwendig war. Die H.Maihak AG mit ihrer Tradition in der Herstellung von Meßgeräten und Feinmechanik schien dafür genau die richtige zu sein.
Bei kaum einem Tonstudiogerät wurde die gleichzeitige mechanische und elektrische Präzision notwendiger als bei der noch jungen Tonbandtechnik (immerhin hatte Dr. Walter Weber erst 7 Jahre zuvor in Berlin bei der AEG das HF-Magnetofon vorgestellt). – Presse und Rundfunk wurden beweglicher, und so benötigte man entsprechend leicht transportable Geräte. Wollte man zu einem „kleinen“ Interview vor Ort, konnte man nicht erst den tonnenschweren Rundfunk-Übertragungswagen mit seinen großen Magnetbandgeräten in Marsch setzen, da hatte man es eilig, sonst war der Interviewpartner möglicherweise entschwunden oder das Ereignis vorbei. Die Zentraltechnik nahm als Grundlage dieser Entwicklung ein paar übriggebliebene AEG-Tonschreiber C von der Frontberichterstattung, doch deren Tonqualität mit Gleichstrom-Vormagnetisierung war für Rundfunkzwecke nicht geeignet. Der Ingenieur Karl Erik Gondesen entwickelte in der NWDR-Zentraltechnik einen sehr guten A/W-Verstärker zu den alten Laufwerken mit nur 3 Röhren EF12. Das war die Geburtsstunde des tragbaren, netzunabhängigen Tonbandgerätes R25. Doch die wenigen Laufwerke aus Armeebeständen reichten nicht aus, um den Bedarf der „rasenden“ Reporter an diesen neuen Geräten zu decken, und das wiederum war die Stunde Null für das MMK 1, (Rundfunkbezeichnung R25a) das Maihak-Reportofon (Maihak-Magnetton-Koffer).
Dem MMK 1 folgte eine ganze Erfolgsserie bis hin zum MMK 7. – Diese hochwertigen Reportagegeräte mußten einwandfreie Tonaufnahmen liefern: in arktischer Kälte bei einem Einsatz am Himalaya ebenso wie unter glühender Sonne am Meer, hier auf den Cornaten, oder im feuchten Tropenklima Afrikas.
auf den Cornaten
mit dem MMK 3 in Afrika
Maihak hat die Qualitätsprüfung bestanden, doch wieviel Aufwand zur Fertigung eines einzelnen Reportofons, in unserem Fall des MMK 6, nötig war, um allen Ansprüchen zu genügen, lassen uns die Ingenieure wissen.
Hier ein kleiner Einblick in den Firmenalltag, entnommen einer Schrift der H.Maihak AG:
„…das sog. MMK6-Reportofon (besteht) aus 355 Normteilen wie Schrauben, Muttern, Stiften usw. und aus 832 mechanischen Einzelteilen, die 54 Untergruppen angehören, die wiederum in 2 Hauptgruppen, nämlich dem Triebwerk und dem Verstärker zusammengefaßt sind. Der Verstärker enthält 186 elektrische Teile wie Transistoren, Widerstände, Kondensatoren, die durch 603 Lötstellen untereinander verbunden sind.
Es sind also insgesamt rd. 1400 Teile für ein einziges Gerät notwendig.
Zur Erreichung der anzustrebenden hohen Tonqualität ist bei der Herstellung der Einzelteile größte Präzision erforderlich.
Für Triebwerksteile beträgt die Toleranz 0,05…0,003 mm. Diese 0,003 mm bedeuten 1/10 Haaresbreite!
Beim Betrachten der Feinmechanik eines MMKs wird man an eine vergrößerte Schweizer Uhr erinnert; zu solchen Meisterleistungen der Technik sagte der unvergessene schweizer Dokumentarfilmer Roman Brodmann mit Sicht auf einen Gebirgsabstieg des Glacier-Express‘: es ist ein Wunder, aber ein ÜBERSCHAUBARES WUNDER.
Johannes Brüning, Mendelssohn und die Maihakschen Verstärker
Nicht zufällig hat sich J. Brüning in die Studiotechnik Maihaks verguckt
Schon früh erkannte er, was in ihr steckt, und das ist hier ganz wörtlich gemeint:
Wie aus dem Lebenslauf von J. Brüning hervorgeht, stand er bereits mit 8 Jahren auf der Bühne; bei seinen vielen Konzertreisen durch Europa lernte er im Laufe der Jahre die verschiedensten Aufnahmeräume, Rundfunkstudios, Säle kennen. Und da er nicht nur Mozart, Bach oder Mendelssohn liebte, sondern schon als kleiner Junge einen großen Hang zu allem „Technischen“ hatte, gelang es ihm nach einem Konzert schon mal, sich hinter die Bühne zu stehlen in eines der Aufnahmestudios „mit seinen wundervoll geheimnisvollen technischen Apparaten“, so schwärmt er noch heute …
Genau so war das auch am 18. Dezember 1957. J. Brüning war gerade 16 und unterwegs nach Köln in den Gürzenich. Abends sollte er das Violinkonzert von Mendelssohn spielen, begleitet vom Gürzenichorchester unter der Leitung von Günter Wand. Wie J. Brüning erzählt, fiel es ihm schwer, sich auf das Konzert zu konzentrieren, nicht etwa, weil er nicht geübt hätte, nein, es gab einen anderen Grund dafür: Vor seinem Auftritt auf dem Weg vom Künstlerzimmer zur Bühne hatte er aus den Augenwinkeln heraus in einem Nebenraum etwas blitzen sehen, einen Kasten oder Koffer, aus dem seitlich viele Strippen heraushingen …
Das Konzert war gespielt, Mendelssohn vergessen. Was hatte J. Brüning da vor einer halben Stunde gesehen?
„Mit der Nase bin ich reingekrochen“, so erinnert er sich, als wäre es gestern gewesen. An der Seite des Koffers entdeckte er auch noch das kryptische Zeichen, das , wie er erst später erfuhr, 2 ineinander verschachtelte Diagramme zeigt, wie sie der Maihak – Indikator vom Druckverlauf im Zylinder einer Dampfmaschine aufzeichnet. Und dann war da dieses Firmenschild „Maihak“. Brüning: „Das klang irgendwie exotisch“.
Es war ein Maihak Übertragungsverstärker V45, der in einem aufgeklappten Koffer stand, den der WDR für die Rundfunkübertragung seines Konzertes brauchte. Der junge Brüning war restlos begeistert.
Maihak Magnetofon Koffergerät – 7 am laufenden Band
Wo konnte man mehr erfahren über Maihak? Da Brüning nicht wußte wie er an Informationen herankommen sollte und sich nicht traute, mit seiner „kindlichen Handschrift“ an die Firma zu schreiben, überließ er es seinem Vater, die heißersehnten Prospekte bei Maihak zu bestellen. Die Antwort aus Hamburg kam prompt, die Freude war groß; außerdem lag der Firmenbroschüre noch ein Angebot bei: Ein MMK 1, das erste der MMK Serie „Maihak Magnetofon Koffergerät“, war zu verkaufen. Es sollte zum Sonderpreis von 1200,- DM veräußert werden, da es sich um ein Auslufmodell handelte. Die Aufregung im Hause Brüning war enorm, wie konnte sich der kleine Johannes dieses Gerät leisten? Gar nicht, denn 1957 bekam er für 1 gespieltes Konzert 1 Deutsche Mark Taschengeld.
Aber träumen durfte er doch davon? Das tat er ausgiebig: „den Prospekt habe ich ein Jahrzehnt unter dem Kopfkissen gehabt und konnte ihn auswendig.“
Auch das MMK 2 mußte J. Brüning ziehen lassen.
Im Jahr 1963 wurde er Konzertmeister beim Stuttgarter Kammerorchester, na, was hat er sich wohl von seinem ersten Gehalt gekauft? Eine MMK 3 tr, ein Transistorgerät. Sie kostete damals gebraucht 1.400 DM. Dieses Gerät wurde neben der Geige zu seinem ständigen Begleiter, zu seinem „Markenzeichen“: über der einen Schulter die Giuseppe Testore, Milano anno 1695, und über der anderen die MMK 3 von 1956 in bester deutscher Wertarbeit mit einem Gewicht von über 7 kg!
Da Brüning mit vielen prominenten Musikern zu tun hatte, denen er auch freundschaftlich verbunden war, kam das Reportofon häufig zum Einsatz. Noch heute existieren etliche private Aufzeichnungen aus dieser Zeit mit Kollegen, Dirigenten, Komponisten, die den Zeitgeist jener Tage wiedergeben, die zum Nachdenken oder auch zum Schmunzeln anregen.
Mit dem MMK 3 hatte es eine besondere Bewandnis; theoretisch kannte J. Brüning es ja bereits aus den Prospekten der Firma Maihak in- und auswendig, aber „bei einem Gastspiel in Baden-Baden, das muß so Mitte der 50er gewesen sein, konnte ich es zum ersten Mal in Aktion erleben“, erinnert er sich. Und das kam so:
Vor dem Konzert wurde der junge Künstler zu einem aktuellen Interview gebeten; das Ganze fand auf der Terrasse der Kantine des Südwestfunks statt. Brüning traute seinen Augen nicht, als der Reporter den legendären eleganten Reportofon – Koffer auf den Tisch stellte, bepflastert mit Hotelaufklebern aus aller Welt, (allein das hat ihm den Eindruck von etwas ganz Besonderem vermittelt) und sich nach dem Aufklappen des Köfferchens der nächste „unglaubliche Anblick“ bot: „…die kleinen Bandspulen, keine Strippen, kein Netzanschluß“. Vor der Aufnahme prüfte der Reporter die Batteriespannung, während des Interviews zog er das Federwerk mit der Handkurbel auf. „Das Interview verlief störungsfrei“ stellte Brüning bewundernd fest. (Die Originalaufnahme liegt heute im Bandarchiv des Südwestrundfunks und wird vielleicht bald im Museum der FUNKSTUNDE auf historischen Originalgeräten zu hören sein).
Zur Vervollständigung dieses Berichts über die MMKs noch ein paar Daten und Fotos: Parallel zum MMK 3 Röhrengerät gab es als Maschine mit 2 mischbaren Eingängen die größere Ausführung MMK 4, ebenfalls mit Röhren.
Innenansicht
In ganz wenigen Exemplaren wurde das MMK 5, genannt Tonschreiber MMK 5 feld, für militärischen Einsatz etwa ab dem Jahre 1957 gebaut. Hierbei kam es nur auf einfache Sprachqualität an, und allein das MMK 5 hatte im Gegensatz zu allen anderen Typen, die mit 19,05 cm/s laufen, eine Bandgeschwindigkeit von 9,5 cm/s. Es folgte der wohl am meisten verbreitete Typ MMK 6, erschienen ca. 1958. Das Gerät gab es zu dem Zeitpunkt ausschließlich mit Transistoren, man kann es auch als Weiterentwicklung des in etwa vergleichbaren Typs MMK 4 mit Röhren ansehen. Der Verstärkerteil des MMK 6 fand auch Verwendung in dem zusammen mit Siemens gebauten Reportocord für 16 mm Magnetfilm. Die letzte Ausführung eines „Einmann-Gerätes“, wie es so schön im Prospekt heißt, war dann der Typ MMK 7. Die Mühe eines neuen Werbefotos hat sich die Firma erspart; das neue Gerät kam einfach per Fotomontage in unser bekanntes altes Bild aus Afrika.
Bis hierhin ging es um die Serie der verschiedenen Bandgeräte aus dem Hause Maihak. Diese Geschichte wird in Kürze fortgesetzt mit der Reihe der einzigartigen Verstärker aus der Hamburger „Edelschmiede“.
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