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Insel Lampedusa
Genug der Technik – Hauptschalter ‚rum, auf nach Lampedusa! Auch der unentwegte Stuben(Studio)-Hocker braucht mal frische Luft! Berufsbedingt haben wir zwar viel von der Welt gesehen, unser ureigenes Paradies fanden wir jedoch durch einen Zufall: Auf der Aero Luftfahrtmesse in Friedrichshafen gab’s eine Europakarte, und wir machten darauf eine Entdeckungsreise mit dem Finger eben bis nach Lampedusa. Südlichster Punkt Europas; Italien oder doch schon Afrika? Malta, Libyen nicht weit entfernt, höchst spannend. Und wie sieht es dort aus? ENIT, das staatliche italienische Fremdenverkehrsbüro in Frankfurt, gab (oder hatte) keine Informationen, einziger Kommentar: Lampedusa? Is‘ schönes Insel … Die Zeit der Webseiten mit allen Informationsangeboten war noch nicht richtig angebrochen. Reiseführer gekauft, geblättert. Lampedusa, früher Gefangeneninsel, heute Schafzucht, Weinanbau, ein Dorf, eine Radarstation … Käse, Wein, ein Horchposten zu Ghaddafi. Also auf nach Lampedusa! Was wir dann vorfanden, davon geben die Bilder und Videos einen (unvollständigen) Eindruck.
Lampedusa – Isola del sole
Die Insel ist ca. 21 Quadratkilometer groß und wird durch ihre Lage auch die „italienischen Tropen“ genannt, eine schöne Beschreibung für die einzigartige Mischung aus der Erdplatte und dem Klima Nordafrikas und der Kulturgeschichte Europas. Diese Atmosphäre blieb bis heute erhalten, besonders, da die Insel vom industrialisierten Pauschaltourismus verschont blieb, für den es auf allen Ebenen auch keine Infrastruktur gibt. In den drei Sommermonaten besuchen fast ausschließlich Norditaliener Lampedusa und füllen die wenigen und nicht großen, dafür aber recht kostspieligen Hotels. Leider wurde die Insel im 19.
Jahrhundert weitgehend abgeholzt, ist bis heute trotz einiger schöner Wiederaufforstungen recht karg, hat jedoch Traumstrände, einzigartige Tauchgründe und eine woanders kaum zu findende Wasserqualität. Nur, von dem, was der Reiseführer „versprach“, findet der Tourist zwar die Radarstation, aber den wenigen Käse und die paar Flaschen Wein aus kleinen Privatgärten genießen die Insulaner selbst. Doch wir Halb-Lampedusaner bekommen stets eine Probe von beidem, besonders wenn wir an der Familientafel unserer Freunde Maria und Pietro mit Bergen von Pasta, Scampi, Thunfisch, Schwertfisch, verwöhnt werden.Und wenn das immer noch nicht reicht, liefert Don Pino, Chef der Bar L’Amicizia, einer der berühmtesten Zuckerbäcker Italiens, seine unwiderstehlichen Kuchenplatten. Wir fanden durch einen glücklichen Umstand unsere zweite Heimat auf Lampedusa bei dem Tausendsassa Umberto, Erbauer des Villaggio Turistico „LA ROCCIA“ direkt an der Südküste, heute geführt von seiner Frau Andrea.
Nur in seinem grünen Paradies ist rund ums Jahr Saison, und der Preis stimmt auch – die Geschichte der Insel ist nur lückenhaft bekannt. Viele Völkerschaften kamen und gingen in alter Zeit, einige Jahrhunderte vor der Wiederbesiedelung Mitte des 19. Jahrhunderts war Lampedusa unbewohnt. Das gibt den Träumen viel Raum.
In seinem Historienroman „Der stille Gott der Wölfe“ läßt der Autor Andreas Englisch Jesus von Nazareth nicht die Kreuzigung erleiden, die Römer wagten dieses mit dem weit bekannten Volkshelden nicht, sondern sie deportierten ihn nach Lampedusa, wo er sein Leben als Schafhirte beendete, wer weiß das so genau? Aber der Lampedusa- Besucher kann fühlen, daß in dieser Erde etwas verborgen ist.
PS: Für Fragen rund um „unsere“ Insel und Details zu den Reisemöglichkeiten stehen wir gerne zur Verfügung. Vielleicht hier noch die Tel.-Nr. des erwähnten Villaggio Turistico „LA ROCCIA“: +39 0922 970055. Unsere email-Adresse: funkstunde@yahoo.de Tel.: 08191/970895
Johannes Brüning
Stationen eines musikerfüllten Lebens
von Peter Vogel
„Irgendwie sind wir mit ihm über mehrere Ecken verwandt“. Johannes Brüning, Jahrgang 1941, spricht eher beiläufig über prominente Familienbande: der Name Brüning, so wissen Geschichtskundige, läßt mühelos die Erinnerung wach werden an einen früheren deutschen Reichskanzler. „Mein Großvater Heinrich,“ so erinnert sich Johannes Brüning, „war irgendwie mit ihm verwandt. Da gibt es eine gemeinsame Linie von Großmüttern“. Vertieft hat er die verwandtschaftlichen Bande bisher noch nicht, nur soviel steht fest: die Familiengeschichte aller Brünings ist angesiedelt im Münsterland, „da ist alles aus echtem westfälischen Holze“. Die Biographie von Johannes Brüning hat freilich weniger mit Politik, sondern vornehmlich mit Musik zu tun – mit einer gelungenen Karriere im klassischen Musikbetrieb und mit der Faszination über jedwede Form von Rundfunktechnik. Und wie, bitteschön, kommt ein entfernter Verwandter des ehemaligen deutschen Reichskanzlers zu dieser beruflichen Passion? „Eine lange Geschichte,“ sagt Johannes Brüning mit einem leichten Unterton von Understatement in der Stimme.
Und dann fängt er doch an zu erzählen: Vom Großvater, der im Bergbau tätig war und der – wie sein prominenter Verwandter, der Reichskanzler – als Zentrumspolitiker glühende Reden in Berlin gehalten hat. Vom Leben mit seinen Eltern in den vierziger und fünfziger Jahren (davon einige Jahre in Röntgental bei Berlin, damals noch SBZ); vom Umzug der Familie in den Westen der Republik, von seiner ersten Bekanntschaft mit dem Berliner Rundfunk im Funkhaus an der Masurenallee und etwas später mit dem Nordwestdeutschen Rundfunk (NWDR); aber auch davon: daß Wilhelm Brüning, sein Vater, eines von neun Kindern der Brüning-Familie war – und völlig aus der Art schlug. Während die anderen acht Geschwister „ordentliche Berufe“ erlernten, verfìel er bereits in jungen Jahren dem Geigenspiel – nicht ohne Konsequenzen. „Mit 13 Jahren,“ so erinnert sich sein Sohn Johannes, „mußte er das Elternhaus verlassen, hungerte sich bei Bauern mit Feldarbeit durch und gab das gerade selbst Erlernte im Geigenunterricht weiter, um sich über Wasser zu halten“. Na und irgendwann hat er dann doch noch die väterliche Anerkennung errungen – mit einem Studium am Krefelder Konservatorium beim Violinlehrer Professor Fritz Peter und anschließend an der Musikhochschule in Würzburg, mit besten Abschlußzeugnissen, u.a. des Direktors Hermann Zilcher, der als Komponist in unseren Tagen gerade wiederentdeckt wird. Eine erste Anstellung beim Stadttheater Giessen folgte.
Und dann der große (wie sich kurz darauf herausstellte, doppelte) Erfolg: Von 1935-45 Konzertmeister beim UFA-Symphonieorchester in Berlin und diese Stellung bewahrte Wilhelm Brüning gleichzeitig vor der Parteimitgliedschaft und dem Kriegsdienst. „Das war der Durchbruch, denn hier lernte er die Musik- und Schauspielerprominenz kennen, zum Beispiel Heinrich George, O.W. Fischer, Elisabeth Flickenschildt, Anna Dammann, Rudolf Prack oder Theo Lingen und viele, viele andere. Und dazu die großen Komponisten: Theo Mackeben, Franz Grothe, Werner Eisbrenner, Alois Melichar, Werner Bochmann, Norber Schulze, Walter Kollo u.a. Die elegante äußere Erscheinung des neuen Konzertmeisters blieb nicht unbemerkt und so wurde er immer wieder auch ins Bild gesetzt, wenn in einem Film auch optisch ein Musiker oder Dirigent gebraucht wurde“. Im Film „Der ewige Klang“ (1943) dirigiert W.B., der vorher dem Filmgeiger Rudolf Prack die wenigstens optisch richtige Handhabung der Geige beigebracht hatte. Aber hier einige Bilder aus dem Erinnerungsalbum …
Wenn der Spruch zutrifft, dann wohl hier: Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Beweis: der Sohn Johannes, der 1941 zur Welt kam. Die Familie wurde während des Krieges in Berlin-Schöneberg ausgebombt und zog ins erwähnte Röntgental. Auf dem Schwarzmarkt erstanden die Eltern ein altes Radio und da war es geschehen: „Ich sehe dieses Bild noch heute vor mir: Der Apparat stand in der Küche und ich habe zum ersten Mal Musik gehört, und zwar Bach! Da war ich ungefähr 5 Jahre alt“. Der Vater erkannte bei seinem Sohn Johannes die angeborene Begabung und das recht seltene absolute Gehör – fortan gab er seinem Sohn Geigenunterricht.
Wie das Schicksal so spielt: „Ich muss 8 oder 9 Jahre alt gewesen sein, da kam als einer der ersten Juden nach dem Holocaust Yehudi Menuhin nach Berlin. Er spielte im Titania-Palast und in seinem Hotel wurde ein Termin verabredet und ich habe ihm vorgespielt – Bach’s a-moll-Konzert. Dann war er so angetan, daß er alle Hilfe, die er geben konnte, gegeben hat“. Menuhin schrieb an den amerikanischen Hochkommissar von Berlin und machte auf das Talent des jungen Johannes Brüning aufmerksam. Und er öffnete noch viele Türen bei der politischen Prominenz im Nachkriegsdeutschland. Doch der Höhepunkt kam erst noch: Beim berühmten Berliner Geigenbauer Böhm durfte sich der neunjährige auf Vermittlung von Menuhin eine Geige aussuchen, ein Instrument von Giuseppe Testore aus dem Jahr 1695, das Brüning noch heute spielt. „Diese Geschichte,“ so erinnert er sich, „hat damals alle Weichen für mich gestellt“. Brüning spielte dem berühmten Geigenlehrer Gustav Havemann vor, „und der war begeistert, sagte zu meinem Vater: Großes Kompliment, der Junge ist nicht verkorkst“. Und da es in den Nachkriegsjahren nicht viele Kinder und Jugendliche gab, die musikalisch derart begabt waren, absolvierte der junge Brüning im Alter von 11 bis 12 Jahren schon bald seine ersten Konzertreisen, die ihn auch in den Westen führten. Die Schule hatte das Musiktalent bereits an den Nagel gehängt, den Unterricht bestritt ein Privatlehrer. Anfang der fünfziger Jahre siedelte die Familie in den Westen über – Johannes Brüning gelang der Sprung an die Musikhochschule Karlsruhe.
Wird fortgesetzt …