Von der Wiege… bis zur Wüste

Die 7. Ausgabe unserer Illustrierten FUNKSTUNDE befasst sich mit einem heiklen Thema. Nicht für jeden, aber hoffentlich für viele Leser stellt sich die Frage, wenn er z. B. das Radio einschaltet, eine Platte auflegt oder seinen iPod aktiviert: wo kommt denn die Musike eigentlich her? Manchem ist gar nicht bewusst, was ihm da zu Gehör gebracht wird. Mir gefällt es oder mir gefällt es nicht, spielt hier keine Rolle, auch nicht, ob es sich um U- bzw. E- ergo Ü- Musik handelt. Johannes Brüning ist im folgenden Beitrag  „Lasagne auf dem Plattenteller“ detektivisch vorgegangen und stellt klar, dass z. B. eine Schallplatte oft gar nicht so alt ist wie auf der Plattenhülle angegeben – technisch gesehen. Handelt es sich um Betrug? Wir sind verwirrt. Lassen wir uns von Johannes erklären wie der Schall auf die Platte kommt und wir Freude an einer „ehrlichen“ Aufnahme haben können. Sein Beitrag ist spannend wie ein Krimi und, glauben Sie mir, bei Ihrer nächsten Plattensession zu Hause werden Sie in den Plattenspieler hineinkriechen. Unsere Hörgewohnheiten haben sich im Laufe der Jahrzehnte verändert. Vor knapp 100 Jahren waren wir mit dem Trichter zufrieden. Nach vielen technischen Experimenten konnten wir Deutsche am 29. Oktober 1923 zum ersten Mal über einen Wunderkasten, ein sperriges Rundfunkgerät, überall im Lande, angenehmere Töne, eine Rede, Gesang, gar ein Orchester vernehmen. Das war eine Sensation! Die Entwicklung bei Rundfunk und Schallplatte ging weiter, vom Trichter mit seinen Monoaufzeichnungen zur  Stereophonie, und nur bei der Schallplatte sogar bis zur Quadrophonie. Tonaufnahmen wurden immer ausgefeilter, aber auch klangschöner? Von den 60ern bis in die 80er Jahre bestimmt. Und dann ging’s bergab in die Wüste von MP3 und DAB+. Die großen analogen Regieeinrichtungen der Röhrenzeit waren seltene Einzelstücke, zu finden z. B. in den Rundfunkhäusern Deutschlands. Ein Prachtexemplar aus dieser Zeit steht bekanntlich bei uns in der Funkstunde. Johannes verfolgt in seinem nächsten Artikel die „Lebensgeschichte“ einer weiteren solchen Anlage, die der NDR – Hannover ca. um 1960 bei Telefunken bestellt hatte. Das Pult, das wir Ihnen vorstellen, wurde berühmt, nahm aber später ein trauriges Ende. „Sender Zitrone“, sagt Ihnen das noch etwas?

Liebe Freunde und Vereinsmitglieder der FUNKSTUNDE!

FUNKSTUNDE Radio geht auf Sendung.

Einst wurde das Radio als die schönste Nebensache der Welt bezeichnet. Und dies zu recht. Was war das für ein Klang, mit dem die Rundfunkanstalten uns Hörer verwöhnten. Nicht E-, U- oder T- Musik war die Frage, Geschmäcker sind bekanntlich verschieden, wichtig war, wie kam dieser Wohlklang zustande? Die Aufnahme – TECHNIK spielte dabei die entscheidende Rolle.

Achtung Aufnahme SchildDiese Höhepunkte wurden nicht digital, sondern analog erreicht. Was aus den Funkhäusern versendet wurde, hatte Weltstandard. Das Programm bestand überwiegend aus Eigenproduktionen, die Schallplatte im Rundfunk blieb  eine Randerscheinung. Und was fällt uns heute zum Thema Radio ein? Dudelwelle, Programmformate, Abspielstation für (payola) Industrie-CD’s.  

Damit Sie nicht abschalten müssen, geht ab sofort das FUNKSTUNDE Radio an den Start. Ein Klick auf unseren Button FUNKSTUNDE Radio und Sie haben die Programmauswahl. Das Programm ist noch nicht sehr umfangreich, wird jedoch fortlaufend aufgefüllt. Wir verwenden analoge Quellen und keine Industrieaufnahmen, nur Produktionen der ARD aus der analogen Zeit und Eigenaufnahmen der FUNKSTUNDE oder historische Plattenaufnahmen, die anders nicht greifbar sind. Allerdings bedienen auch wir uns der modernen Medien, weil Sie uns sonst nicht hören könnten. Das Besondere an unserem Radioprogramm: Sie haben die Möglichkeit, die vorliegenden Musikwerke im analogen Urzustand im Studio der FUNKSTUNDE nachzuhören.

MUSIK...nur vom Band

MUSIK…nur vom Band

Die Mutterbänder werden von den originalen Tonbandgeräten, T 9, M10 oder M15 (a) mit den Geschwindigkeiten von 76cm/sec oder 38cm/sec  abgespielt. Besuchen Sie die FUNKSTUNDE! Hören Sie die FUNKSTUNDE! Wenn Sie nach Hause gehen, werden Sie davon überzeugt sein, daß eine gute Aufnahme nichts von ihrer Faszination verloren hat und das Radio ganz zu recht als die schönste Nebensache der Welt bezeichnet wurde.      
Seit dem 18. Juli d. J. ist die FUNKSTUNDE ein Verein, und seit September ein als gemeinnützig anerkannter e.V. Neue Mitglieder sind willkommen.

Wir freuen uns auch, vermelden zu können, daß unsere Funkstunde die Vereinsmitgliedschaft auf Gegenseitigkeit mit der GFGF, Gesellschaft  der Freunde der Geschichte des Funkwesens, vereinbaren konnte.

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Unsere Interessen- und Arbeitsgebiete liegen sehr nahe beieinander, besonders im Bereich Technik des Rundfunks und deren Entwicklung, und dazu gehört die Würdigung der Wegbereiter von Programm und Technik, die das heute alltägliche kleine Wunder ermöglicht haben.

Die Zusammenarbeit bietet beiden Vereinen eine Erweiterung ihrer Arbeitsmöglichkeiten, wir werden z.B. unser Archiv erfassen und so für alle leichter zugänglich machen. Für eine erste Information: www.gfgf.org.  

In einer der nächsten Ausgaben wird die “Illustrierte Funkstunde“ mehr zur GFGF bringen.

Auch über Abonnenten für unsere FUNKSTUNDEN Zeitung würden wir uns freuen. Sie kostet nix, nur einen Klick auf unserer Website.

Jetzt mutig die Radiotasten gedrückt, vielleicht ist Ihre Musik dabei? Aufwiederhören! Aufwiedersehen bei der FUNKSTUNDE.

Auf zum Radio…

Die FUNKSTUNDE gewinnt immer mehr Freunde, das Interesse an unseren Themen wächst ständig, und so haben wir uns über eine Mail von Wolfgang Burmeister aus Hamburg sehr gefreut, siehe dazu den nächsten Artikel.

Monika Wersche

Liebe Freunde der Funkstunde!

Bau des Saales der Funkstunde in Penzing, Leinwebergaße

Bau des Saales der Funkstunde in Penzing, Leinwebergaße

Ihr wartet sicher schon auf eine neue Ausgabe unserer Zeitung. Hier ist sie. 2 Köpfe, 4 Hände können nicht alle Bereiche der FUNKSTUNDE beackern, so haben wir Prioritäten gesetzt. Was Ihr da auf den Fotos seht, ist nicht die Großbaustelle in Berlin, Potsdamer Platz, sondern unsere in Penzing, Leinwebergaße.-  Katalogisieren, archivieren, organisieren, reparieren,  Kaffee kochen, ja, all diese zeitaufwendigen Dinge gehören neben der Studioarbeit auch noch zum täglichen Geschäft der FUNKSTUNDE. Unsere Freunde haben wir darüber nicht vergeßen. Am Ende des Jahres 2008 gab es in der FUNKSTUNDE Helge Japha an der Paellapfanne (für 25 Personen) und später an der Gitarre. Koch sowie Musiker in einer Person. 5 Sterne hat Helge für sein croßover verdient, das beweisen er und die Kollegen von TonArt mit „Moliendo Cafe.   Unser jüngst erworbener Flügel kam am selben Abend das erste Mal zum Einsatz,

Steinway Flügel im Aufnahmeraum der Funkstunde

    ein Steinway mußte es sein, da waren sich alle eing. Jazz vom Feinsten und — Band lief mit — eine analoge Aufnahme, ganz groß! Mitte Januar 2009 spielten junge Musiker aus München für einen Film den Titel „Mein Süßer Rebell“ bei uns ein, auch für sie kam nur eine analoge Aufnahme in Frage. Auf „Classic Wings“ schwebte unser Piloten- und Musikerfreund Michael Lübbert ins FUNKSTUNDEN – Cafe.     Plakat Rheingau Classic       Gemeinsam und sehr passend zum Mendelßohn Gedenkjahr  erfreuten  wir uns an einer besonderen Aufnahme der FUNKSTUNDE. Es handelte sich dabei um eine welteinmalige Rarität, die Erstaufnahme von Mendelßohns „Italienischer“ in der vom Komponisten selbst revidierten 2. Fassung von 1834. Michael hatte diese Sinfonie ausfindig gemacht, als Dirigent mit seinem Orchester „Rheingau Classic Wings“ erarbeitet und in Wiesbaden uraufgeführt.   Die ganze Aufnahme der Sinfonie gibt im Funkstunde Radio  . Mit 2 paßionierten Musikußen im Haus ließ ein spontan arrangiertes Konzert nicht lange auf sich warten. Ran ans „Klavier“, die Geige ausgepackt… Klänge von Schubert und Kreisler erfüllten unser FUNKSTUNDEN – Cafe. Die rasch mobilisierten Zuhörer haben die Atmo offensichtlich genossen.
Junge Pianistin Vero Koller

Junge Pianistin Vero Koller

Und zu guter Letzt war am  20.3.2010 die junge Pianistin Vero Koller unserer Einladung gefolgt, sie lieferte einen brillanten Klavierabend ab mit einem Programm von Bach bis zum musikalischen Jahresheiligen Chopin. Genauso gerne nahmen VHS – Gruppen an Vorträgen und Führungen in unserem kleinen Funkhaus teil. Die Themen lagen nahe: Rundfunkgeschichte und Geschichte der Musik im 20. Jahrhundert. Diese Reihe wird in diesem Jahr fortgesetzt. Apropos Rundfunkgeschichte: Wer die FUNKSTUNDEN – Zeitung liest, weiß natürlich, was unser Titelbild ziert. Die 60 Jahre alte meisterhafte Grafik eines T9 Magnetophons, das war DAS Schlachtschiff aller Rundfunkanstalten bis zum Erscheinen der M10 Ende der 50er Jahre. – Zu unserem musikalisch – kulinarischen Sommerfest hatten wir wieder unsere tonArt Freunde zu Gast und ein Abend war der klaßischen Kammermusik vorbehalten, wir zählen allerdings auch „Und über uns der Himmel“ von Theo Mackeben dazu. Das reichte uns immer noch nicht. Kurz danach Abflug zu drei Konzerten mit Johannes nach Lampedusa.
Giuseppe Costa und Umberto Benedetti Michelangeli

Giuseppe Costa und Umberto Benedetti Michelangeli

Ein besonderes Vergnügen, weil dort der berühmte Pianist Giuseppe Costa ansäßig ist, vor einiger Zeit Italiens Jahrgangsbester der Musikhochschule Turin, vielleicht ein Grundstein für regelmäßige musikalische Veranstaltungen auf der Insel. Eines der Konzerte war eine Sonderveranstaltung für den Rotary-Club Lampedusa/Linosa und unter den Besuchern des Abends entdeckten wir den Dirigenten Umberto Benedetti-Michelangeli, Neffe des Pianisten Arturo Benedetti-Michelangeli.     Der eilige Badegast hat keine Gelegenheit zu entdecken, daß auch dieser Felsbrocken im Mittelmeer Heimat von Künstlern ist; so war es mit Domenico Modugno, und so ist es z.B. mit dem Maler und Bildhauer Giovanni Fragapane, dem Poeten Don Pino oder eben unserem Giuseppe, der Clair De Lune von Claude Debußy anklingen läßt.  
Giuseppe Tartini

Giuseppe Tartini

Irgendwie war auch Zeit für zwei Besuche bei Großmeistern der Vergangenheit: Giuseppe Tartini in Piran, Slowenien, Padua in Italien und Oswald von Wolkenstein auf seinen Burgen in Südtirol. In der nächsten Zeitung werden wir darüber berichten. Nicht so streng musiktheoretisch, sondern der Landschaft nachspürend, die eigentlich mit jedem großen Künstler eng verbunden ist: Johannes und Giuseppe haben die Sonate „Didone Abbandonato“ von Tartini aufgenommen.  
Wersche bei Recherche

Wersche bei Recherche

Wenn ich auf unsere Aktivitäten der letzten Zeit zurückblicke, frage ich mich, wie haben wir dieses Pensum geschafft? Schön war es, aber 2 Köpfe, 4 Hände, s. o.Wir würden uns nach Absprache über Gastbeiträge (Ulrich Apel hat den Anfang gemacht)  für die Zeitung freuen.         Ganz sicher findet auch in diesem Jahr unser schon traditionelles Sommerfest statt, und zwar am 17. Und 18. Juli.  Bitte einfach kommen. Eine Anmeldung würde uns die  Planung der Verköstigung erleichtern. Bis dahin. Ihre/ Eure Monika Wersche

Liebe Freunde der Funkstunde,

so nicht, jedenfalls nicht bei uns! Monsieur Faultier lassen wir weiter schlummern….

Es erreichten uns besorgte Nachfragen, wann die nächste Illustrierte Funkstunde erscheint?

Antwort: Es lag nicht am Liegestuhl!

Versprochen, sie ist in Arbeit und kommt bald heraus.

Unser kleiner Saal hat alle Kräfte gebunden.

Saal der Funkstunde im Bau

Saal der Funkstunde im Bau

Zum Winter soll es mit ersten Konzerten losgehen, wir hoffen auf  Ihr/Euer zahlreiches Erscheinen.

Es sei hier schon verraten, dass in der nächsten Zeitung eine klassische Anlage von Klein und Hummel im Mittelpunkt stehen wird.

Und eine Geschichte zur allgemeinen Überflutung mit Wegwerfmusik und den damit gemachten Üblen Geschäften wird zu finden sein, siehe auch dazu die Eilmeldung am Ende des Extrablatts.

Und der Pisa-Test für unsere ach so intelligenten neuen Autos wurde jüngst vom Gericht entschieden, über das Ergebnis werden Sie vor Vergnügen „wiehern“!

Kennen Sie schon unseren  „James Bond der Wissenschaften“?

…Es gibt eben doch neues Lesefutter, und zwar auf der Funkstunde-Seite.

Da wäre die etwas umfassendere Geschichte des Freiherren Hans-Karl von Willisen, die nicht ohne ist.

Würzburg und Freya in Cavalese Sommer 1944

Würzburg und Freya in Cavalese Sommer 1944

Spätestens bei den 3 Buchstaben TAB wissen Sie, um wen es geht. Tonographie Apparatebau Wuppertal mit ihren Vorläufern GEMA und MWL war unser großes Thema, zum ersten Mal so ausführlich übrigens im Web.

Und für lange Abende im Herbst: Große Teile des RIAS Bandarchivs der Sendereihen von John Hendrik (Klingendes Amerika, Club 18, Heute so beliebt wie damals, Richard Tauber) sind erfaßt und nachzulesen unter der Rubrik TONTRÄGER. Selbstverständlich stehen sämtliche Titel zur Verfügung.

Zum Schluß eine Eilmeldung, mit der wir nicht bis zur Zeitung warten wollen: WIR fühlen uns schon seit langer Zeit vom alltäglichen Musikmüll, der uns im Alltag, oft sogar widerrechtlich, überflutet, mehr als genervt! Es ist unerträglich, vom Supermarkt bis zum „stillen“ Örtchen, von rücksichtslos aufgedrehten Autoradios bis zur Kneipe zwangsbeschallt zu werden! Tucholsky: „DIE OHREN HABEN KEINE LIDER!“

Die Kulturhauptstadt Linz hat eine überfällige  Initiative gestartet, bitte nachlesen unter www.hoerstadt.at .   MITMACHEN und dafür WERBEN!  

Ihre/Eure Monika Wersche und Johannes Brüning

Liebe Freunde der Funkstunde in Nah (Penzing) und Fern (Nairobi)!

„Der Brüning macht Beat – Musik, der Brüning macht Beat – Musik“, so raunte es am Tag nach dem Hauskonzert durch unsere Gasse. Das stimmte so nicht; was da nachts vielleicht ein wenig durch dicke Studiofenster aus unserem Cafe` nach draußen drang, waren wohl die kräftigen Akkorde einer Gitarre, geschlagen von unserem Musikerfreund, Helge Japha, dessen Spielfreude keine Grenzen fand. Sorry!

Hauskonzert Einladung

Jedoch nicht mit Techno oder ugly – pop, sondern Piazzolla und anderen spanisch – südamerikanischen Klängen wurde mächtig eingeheizt. Um 1 Uhr nachts war Schluss, und die Penzinger Bürger fanden ihre verdiente Ruhe.

Als Mitorganisatorin solcher Feste erlebt man ja die lustigsten Dinge, und die spielen sich oft am Rande ab. Klar, der offizielle Teil war perfekt. Nur dank vieler helfender Hände konnte das Fest in dieser Güte gelingen.

Das collegium con basso (ccb) aus Hamburg war schon am Donnerstag angereist; trotz längerer Spielpause fanden sich die Musiker, Hannelore Michel (Violoncello), Henning Demgenski (2. Geige), Klaus Dieter Bachmann (Bratsche), Johannes Brüning (1. Geige), rasch zusammen, man kennt sich ja seit vielen Jahren; Georg Nothdorf (Kontrabaß), der wegen eines „dienstunfähigen“ Fingers nicht mitspielen konnte, blieb nichts anderes übrig, als über allem zu wachen und die „Graue Eminenz“ zu geben.

Werke von Mozart über Mendelssohn und Schubert bis hin zu Puccini stellten sicher, dass ein vielseitiges Programm erklang. Das ccb wurde von unserem Publikum begeistert aufgenommen. An Zugaben hat es nicht gefehlt.

collegium con basso

collegium con basso, Hamburger Streichquintett  /   (Musikbeispiel collegium con basso)

Ein Schmankerl der besonderen Art sei hier zu erwähnen: Das Geburtstagsständchen für Thomas, den Sohn der Verfasserin dieser Zeilen, das unausweichliche „Happy Birthday“ von Mildred Hill, diesmal nicht aus rauhen Kehlen, sondern angestimmt vom Streichquartett und erweitert um ein paar Variationen im Walzertakt und Tangorhythmus, die NDR –  Musikerkollege Peter Heydrich virtuos verfasst hat. Das Geburtstagkind hat´s sehr gefreut.

Der 2. Teil des Konzertes wäre beinahe einem Grippevirus zum Opfer gefallen, der Chef des Ensembles tonArt, Florian Lang, war verschnupft. Er sorgte für einen brillianten musikalischen Ersatz, ihm und dem Musiker Simon Japha, sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Ohne die temperamentvollen Darbietungen des Ensembles, das sich mit  seinem Repertoire von Tango und unterhaltender Musik auf höchstem Niveau bewegte, und das wieder einmal die übliche Trennung von U – und E – Musik als überflüssig erscheinen ließ, wäre unserem Publikum ein äußerst erfreulicher, von ihm mit anhaltendem Beifall bedachter, Auftritt verloren gegangen. Bis zum nächsten Mal in unserer Spielstätte mit den tonArt – Musikanten : Florian Lang, Ulrich M. Baur und Helge Japha.

TonartEnsemble tonART  /   (Musikbeispiel tonArt)

Ich glaube, alle Gäste haben sich wohlgefühlt in unserem „vollendeten“ Cafe` – FUNKSTUNDE. Kein Wunder. Theresia und der Hansi, die entsprechende Fachschule lässt grüßen, bewältigten ihre Aufgabe hinter dem Tresen ebenso elegant, zurückhaltend wie umsichtig, dass sie vom Fleck weg für eine weitere Veranstaltung gebucht wurden. Kompliment!

Dass der Party – Service Förg aus Penzing (wieder) unser Fest ausrichtete, das Kalte Buffet gar auf Silbertabletts servierte, muss man schon gar nicht mehr erwähnen, oder doch? Auf jeden Fall waren die leckeren Häppchen schneller weg, als man gucken konnte, das spricht  für sich, und das ist auch gut so! Und die Getränke, liebe Gäste, waren auch recht? Kritik positiver wie negativer Art könnt Ihr am 19. und 20. Juli bei uns loswerden, dann steigt das nächste Fest. Zum DRITTEN MAL gibt es in der FUNKSTUNDE, im Café und in der Regie, Neues für Technikfreunde zu begucken UND erstmals für musikalische Ohren ein neues Konzert. Das Ensemble tonART hat für den 20.Juli vormittags zugesagt, Tangos eingeschlossen. Essen und Trinken s.o.

Zu den erwähnten Randerscheinungen vor dem Fest gehörte u.a., dass Klaus Dieter, Sie erinnern sich, der Bratschist des ccb, in seiner knapp bemessenen Mittagspause und kurz vor seinem Auftritt, noch unbedingt seinen ultimativen Käsekuchen backen musste: also Auto angeworfen, Zutaten gekauft, Rührschüssel gesucht, Eischnee geschlagen, Vanillepudding u.v.m. zusammengemengt, gebacken. Ich muss zugeben, der Kuchen war einsame Spitze.

Nach dem Fest, die meisten Gäste hatten sich so gegen zehn halb elf verabschiedet, die Instrumente waren längst verstaut, auch Anna – Maria Hof, langjährige Freundin von uns und Kulturschaffende aus Bünde in Westfalen, lag bereits in den Federn  im Gasthaus Frank, was sie später sehr bedauerte, als, ja liebe Gäste der FUNKSTUNDE, da habt auch Ihr etwas versäumt, als Helge Japha, der Bassist von tonArt, seine Gitarre auspackte, sein bayerisch – südamerikanisches Temperament frei entfaltete und uns zu später Stunde eine Wahnsinns – Session  bescherte, die dann irgendwann mit „besame mucho“ endete. Ja!

Die Gastgeschenke, Blumen und Gebinde fürs Gemüt sowie Warmes für innen (Flasche) und außen (Holz) sind gut bei uns angekommen. Vielen Dank! Die Spenden, die im Bauch unserer lampedusanischen Schildkröte landeten, sind gleich weitergegeben worden für einen guten Zweck. Dafür ebenfalls ein Dankeschön!

Monika Wersche

Ein Ausflug nach Berlin…

Funkstunde e.V. Vorstand in Berlin

Funkstunde e.V. Vorstand in Berlin

Zu berichten ist noch von einem Ausflug nach Berlin an die Wiege der deutschen Rundfunklandschaft. Auf dem Foto unschwer zu erkennen: es ist Sommer.- Sommer in Berlin unter dem Brandenburger Tor. Wir 4 von der FUNKSTUNDE, Johanna, Peter, Johannes und ich, gehen auf rundfunkhistorische Wiederentdeckungstour. Wo fangen wir an? Erst mal geht es ins „Adlon“ (historisch!); bei Kaffee und Kuchen lässt sich’s gut planen: Nach Königs Wusterhausen zum Funkerberg, da wollen wir hin! Dem unermüdlichen Einsatz von funkhistorisch begeisterten Leuten ist es zu verdanken, dass nicht alle dieser historischen Stätten verloren gingen. Auch nach Nauen wollen wir, der einstigen großen Sendestation nordwestlich von Berlin. Ist sie noch in Betrieb?

Das Olympische Dorf von 1936

Das Olympische Dorf von 1936

Im Prinzip ja, aber nicht mehr als Weitverkehr – Kurzwellensender, sondern hier werden die ach so schönen Neuen Medien ausgestrahlt. Das Ganze ist in Privathand und ein Besuch ohne lange Vorbereitung nicht möglich; wir bleiben aber dran. Es muss ja nicht immer Funkhistorie sein und nach spannenden Fernsehberichten wollten wir auch sehen, wie das teilrestaurierte Olympische Dorf von 1936 aussieht.

Kurz gesagt, ein bewegendes Erlebnis! Und dann stehen wir vor der einstigen Unterkunft von Jesse Owens, dem wohl berühmtesten Teilnehmer der Olympischen Spiele; bis heute freut man sich über den winzigen Triumph: der GRÖFAZ musste vor den Augen der Welt diesem „Neger“ mehrfach die Hand drücken.

Das Zimmer von Jesse Owens im Olympischen Dorf

Das Zimmer von Jesse Owens im Olympischen Dorf

Jesse Owens

Jesse Owens

Und da denken wir doch gleich an unser Archiv; wir besitzen das originale Sendeband eines RIAS – Interviews von John Hendrik mit Jesse Owens, als dieser Berlin 1966 nochmals besucht hat.

Eine Fernsehkamera bei der Olympiade 1936

Eine Fernsehkamera bei der Olympiade 1936

hier ein Ausschnitt:    Ohnehin hat die Olympiade von 1936 die Rundfunk- und auch die frühe Fernsehtechnik zu damaligen Höchstleistungen angetrieben. Last but not least blicken wir hinter die Kulissen eines bis 1989 unüberhörbaren Senders im ehemaligen Ost – Berlin in der Nalepastraße. Außer Parteitagsreden von Ulbricht, Honecker, Krenz und Co. konnte man in diesem Funkhaus auch Kultur erleben. Wir erkämpfen uns an der noch sehr DDR-esken Pförtnerin vorbei den Weg zum Kammermusik – Studio, Saal III, des Hauses: Der Grund unseres Besuches ist ein sehr persönlicher.
J.Brüning im Funkhaus an der Nalepastraße, Kammermusik - Studio, Saal III

J.Brüning im Funkhaus an der Nalepastraße, Kammermusik – Studio, Saal III

Johannes hat in diesem akustischen Juwel vor 50 Jahren viele Aufnahmen eingespielt.

hier ein Beispiel:   

Du betrittst den Saal und denkst, du bist in einer Zeitmaschine gelandet: Alles ist bis zum letzten Millimeter original erhalten. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz und wird in steigendem Maße wieder für Produktionen genutzt.

Alle angerissenen Themen sollen in weiteren Ausgaben unserer Illustrierten FUNKSTUNDE vertieft werden.

Sendestudio Königs-Wusterhausen

Sendestudio Königs-Wusterhausen

Mit der S-Bahn ist es vom Berliner Hauptbahnhof nur ein Katzensprung nach Königs Wusterhausen. Wo ist der berühmte Funkerberg? Ein Taxifahrer bringt uns hin. Der exponierte Standort für die 1911 von der Obersten Heeresleitung Berlin errichtete Militärstation ist strategisch gut gewählt, er liegt ca. 65 m ü. NN auf dem Windmühlenberg nördlich von Königs Wusterhausen. Die Hauptfunkstelle der Deutschen Reichspost übernahm die Sendeanlagen des Militärs im September 1919 und arbeitete von nun an zivil als Verbreitungsmedium vor allem von Wirtschaftsnachrichten. Bevor es zum ersten Mal aus Königs Wusterhausen erklang: „Hallo hallo, hier Welle 2700…“ bedurfte es noch reichlich Gehirnschmalz vieler kluger Köpfe, Wissenschafter, Techniker und nicht zuletzt politischer Entscheidungen.

Königs-Wusterhausen um 1921-22

Königs-Wusterhausen um 1921-22

Imposante Türme und Masten überzogen einst das riesige Gelände am Funkerberg. Heute kann man sich den gewaltigen Antennenwald aus der aktiven Zeit von Königs Wusterhausen kaum noch vorstellen; ein schönes Landschaftsmodell im Museum gibt die Situation wieder. Glücklicherweise hat aber ein Mast von 210 m überlebt. Und man kann sich vorstellen, dass mit derartigen Antennen schon damals weltweite Ausstrahlungen möglich waren.

Es ist bewundernswert, was der Förderverein „Sender Königs Wusterhausen e. V.“  (www.funkerberg.de) geleistet hat. Erstaunliche Ausstellungsstücke sind zu sehen, sei es ein großer Sender und ein gewaltiges Stromaggregat mit Dieselantrieb, was hier und da, wenn sich genügend Besucher an den immensen Treibstoffkosten beteiligen, im Betrieb gezeigt wird. Um eines klar zu stellen, von Königs Wusterhausen aus wurden bereits etliche Jahre VOR dem offiziellen Beginn des öffentlichen Rundfunks bei der Funkstunde am 29. Okt. 1923 zahlreiche Musiksendungen ausgestrahlt. Die Mitwirkenden waren zumeist Postbeamte, die mit ihren Instrumenten die Programme gestalteten. Es gäbe noch viel zu erzählen, aber das in einer späteren Ausgabe; oder am besten: SIE fahren auf den Funkerberg!

Wolfgang Burmeister-Meine Radiogeschichte

Bevor wir den “alten Hasen“, Herrn Burmeister, zu Wort kommen lassen, seien ein paar Stationen seines beruflichen Lebens erwähnt.

Maihak Rauchgaspruefer Werbung

Er begann seine Lehre 1947 bei der Firma MAIHAK als Feinmechaniker; arbeitete in der Produktion von Gasprüfgeräten und später wirkte er bei der Herstellung des Reportofons MMK 3 mit. Weitere Stationen waren die Telefonfabrik “ATF“ in Hamburg, ebenso ein Begriff aus der alten Studiotechnik wie die Firma Arnold Frey, die keinem Sammler alter Verstärker und Lautsprecher unbekannt ist.

Den Großteil des Arbeitslebens verbrachte Wolfgang Burmeister dann bei Lufthansa Technik.

Die FUNKSTUNDE sammelt zwar keine Radios , sondern befaßt sich mit der anderen Seite des Rundfunks, den Sendestudios. Aber die so lebhaften Radioerinnerungen  von Wolfgang Burmeister  haben auch ihren Platz bei uns.

Denn ein Sender ohne Hörer, was wäre das?

Und hier geht es zur Radiogeschichte von Wolfgang Burmeister. (Im PDF Format)

Meine Stereoanlage Anno 1966

Wie war das mit der ersten Freundin… ach, laßen wir`s und besehen lieber meine erste Stereoanlage, DIE habe ich noch!
Altes Waisenhaus Stuttgart

Altes Waisenhaus Stuttgart

Stereoverstärker Röhrenverstärker VS 71 VS71 Röhren Tuner FM-SX Probe des Stuttgarter Kammerorchesters mit Karl Münchinger an einem Sommertag 1966 im alten Waisenhaus am Charlottenplatz – Pausengestaltung wie schon zur Tradition geworden, ein Kurzausflug ins Cafe Sommer im gleichen historischen Gebäude. Bei Herrentorte und einer Tasse des schon von Bach besungenen Getränks blätterte ich so ganz nebenbei im Anzeigenteil der Stuttgarter Zeitung, der Blick fiel zufällig (zufällig?) auf diese Anzeige: Stereoanlage Klein und Hummel zu verkaufen, bestehend aus Lautsprechern OX, Verstärker VS 71, Empfänger FM-SX und Plattenspieler Thorens TD 124.
Stereoverstärker Röhrenverstärker VS 71 VS71 Röhren Tuner FM-SX
Der Preis verursachte damals erst einmal einen Schreck, er entsprach etwa 3 Monatsgehältern, aber meine Sparkaße gab per Telefon sofort grünes Licht! Auf zum Verkäufer, eine sehr noble Adreße: Galerie Freerk C. Valentien im Königsbau. Und der Kauf hat nicht nur mich begeistert, Herrn Dr. Valentien kam der Erlös aus der Anlage auch sehr gelegen, wie er mir kürzlich anvertraute. Für ihn ging es um einen Hauskauf, und zwar um das Leonberger Haus des Kunsthistorikers und Galeristen Herbert Herrmann, zu deßen Inventar die Klein und Hummels gehörten.
Herbert Herrmann, Willi Baumeister und andere

Herbert Herrmann, Willi Baumeister und andere

  Von seinem Arzt erhielt Herr Herrmann 1965 die schlimme Nachricht, daß er wegen einer schweren Erkrankung nur noch eine Lebenserwartung von etwa einem Jahr hätte. Daraufhin beschloß er, sich für seine verbleibende Zeit auf Erden die beste damals verfügbare Stereoanlage zu kaufen und so viel Zeit wie möglich mit seiner Musik zu verbringen. Und tatsächlich hat er sich noch etwa 1 Jahr an allem erfreuen können! Bis heute hat sich an der äußersten Wertschätzung dieser Geräte bei mir nichts geändert, zu technischen Details komme ich etwas später. übrigens ist eine Hörprobe bei mir immer noch jederzeit möglich. Im Rückblick heute begann mit der Anlage eine Geschichte, deren vielfältige Bezüge und Querverbindungen es mir schwer machen, alles nur als „Zufall“ zu sehen! Es fing damit an, dass meine liebe Vermieterin Elfriede Lesch in Stuttgart bei der Vorstellung meines neuen „Mobiliars“ ausrief: Der Horscht (Horst Klein, Mitgründer von K&H) war mein Klassenkamerad! Richard Lesch, ihr Mann, der unvergessene Cellist und Posaunist, war „natürlich“ im Rundfunkorchester des SDR. Wieviele lange Abende spielten wir eine Etage über meinem Zimmer mit ihm und den hochbefähigten fidelnden ärzten Dr. Lambeck und Dr. Gudwinski ganze Serien der großen Streichquartette!
Klein und Hummel (K & H) Studiolautsprecher OX im Regieraum Großer Sendesaal des NDR Hannover, am Pult Toning. Kurt Lepski und Tonmeister Hans Staude.

Klein und Hummel (K & H) Studiolautsprecher OX im Regieraum Großer Sendesaal des NDR Hannover, am Pult Toning. Kurt Lepski und Tonmeister Hans Staude.

Beim SDR Stuttgart nahm ich mit dem Rundfunkorchester unter der Leitung von Willi Mattes die American Concertette für Viola und Band von Morton Gould auf, wer saß an der Posaune… Richard Lesch. Und wie wurde das Band (goldene Zeiten!) mit der brillanten Aufnahme von Toningenieur Hugo Herold in der Regie abgehört? Natürlich mit 2 Lautsprechern OX, wie sie gerade auch bei mir privat gelandet waren! Zu der Zeit waren beim SDR noch die Vollmer Bandmaschinen Typ 204 im Einsatz, allerdings verging KEINE Aufnahme ohne einen Ausfall an einer der Vollmers… ein Mitwirkender im weißen Kittel und mit Werkzeug in der Hand gehörte einfach immer dazu. Meine eigene etwas später von Herrn Vollmer aus Plochingen erworbene Bandmaschine Typ 166 war zwar teuer, hat aber auch NIE richtig funktioniert… Warum sollte es mir besser gehen als dem SDR? Aber Eberhard Vollmer gehört zur Rundfunkgeschichte und seine Geräte finden sich auch im Museumsbestand der Funkstunde. Thema Rundfunk hier schon wieder: Wir waren dabei, mit unversiegender Begeisterung; in jenen Jahren kein Gedanke daran, dass diese Welt einmal restlos verschwinden könnte. So kam man, ich muß es immer wieder feststellen, leider nicht auf die Idee, so viel als möglich aus dieser Zeit zu dokumentieren. Erst viel später in der trostlosen Umgebung der „Nebenbeimedien“ belebten wir die Bemühungen um die Geschichte im Rahmen unserer wiedergegründeten Funkstunde mit Nachdruck. Und jetzt ein Sprung zurück ins eingangs zitierte Cafe Sommer: Erst vor etwa einem Jahr erfuhr ich, daß genau in den Räumen des Cafes und im Bereich des Probenraums des Stuttgarter Kammorchesters das erste Funkhaus des Süddeutschen Rundfunks beheimatet war, was ich damals überhaupt nicht ahnte. Das waren also unbewußt 6 Berufsjahre auf sehr rundfunkhistorischem Boden.  
Nun etwas zur Technik der fast 50 Jahre alten Anlage. Sie ist und bleibt für mich das Maß der Dinge außerhalb des Studios, das ganz anders ausgestattet ist, was nicht heißen soll, beßer. In Gesprächen oder Foren sind immer wieder auch kritische Beurteilungen über die OX zu hören, aber es fehlt den Betreibern heute einfach einiges an Wißen und Erfahrung, um die Lautsprecher optimal zu erleben. Zuerst ist die Einmeßung auf den Abhörraum mit den gegebenen Reglern nicht ganz einfach. Und dann habe ich nach der langen Betriebszeit vor ein paar Jahren doch erkennen müßen, daß etwas nicht mehr ganz stimmte mit dem Klang. Eine Nachmeßung des Frequenzgangs ergab eine deutliche Senke in den oberen Mitten, die einfach mit „Bordmitteln“ des OX nicht mehr so einstellbar war, wie es der Sollkurve entsprach. Nach längerer Suche stellte sich heraus, es waren die im Originalzustand eingebauten Mitteltontreiber T 25 A, die innerhalb ihres übertragungsbereiches einen deutlichen Höhenabfall aufwiesen, mir bleibt nur die Erklärung, daß die Membranen verhärtet waren und dadurch die Veränderung entstand. Als Nachfolger habe ich mit Beratung durch Electro Voice neuere Mitteltontreiber Typ 1828c eingebaut (paßen direkt auf das vorhandene Horn 8-HD), damit war alles wieder „gerade“. Für den Rundfunk war der OX wie üblich als aktiver Lautsprecher ausgerüstet mit dem Röhren Einschub-Endverstärker V 30. Der bekannte Otto Diciol, Verfaßer des Klaßikers „Niederfrequenz Praktikum“, bescheinigte in der Funkschau  1963 Heft 2 dem V 30 eine hohe und voll für Rundfunkanwendung geeignete Qualität. Der V 30 hat für den Einsatz im Lautsprecher OX eine zuschaltbare Tiefenanhebung von etwa  6 dB zwischen 30 und 250 Hz. Diese Entzerrung ist beim VS 71, deßen Endstufen ansonsten praktisch schaltungs- und leistungsgleich sind, nicht vorgesehen, so daß die Ansteuerung der OX mit einem VS 71 je nach Raum im Bereich der Tiefen ein kleiner Kompromiß bleibt, denn die „Kuhschwanz“-Anhebung der Tiefen im VS 71 führt nicht ganz zum idealen Ergebnis, ist aber akzeptabel! Natürlich kamen etwas später auch 2 V 30 ins Haus, zeitweilig war die Anlage dann mit einem ßV Vorverstärker und den V 30 im Betrieb. Beim V 30 stören bei einigen Exemplaren, verursacht  durch Streuungen in der Transformatorenherstellung, geringe Brummprobleme, die sich auch durch die beste Siebung und die im Laufe der Serie ab Werk-Nr. 700 eingeführte Gleichstromheizung der Vorstufe nicht beseitigen laßen. Wieder hat diese Fehlersuche etwas gedauert, aber auf Anfrage verrate ich das Geheimnis… Und noch ein Tip: Der Eingangsübertrager des V 30 ist bei vielen Verstärker- Exemplaren defekt, er trägt die Bezeichnung V 442, ist aber elektrisch völlig baugleich mit dem T 179/1 aus dem TAB V 74/ V 74a… und die mechanische Bauform des V 442 wird noch heute nach 50 Jahren von Helmut Haufe in Usingen auf Bestellung gefertigt! Unglaublich in unserer Wegwerf-Zeit. Zum Empfangsteil FM-SX ist nicht viel zu sagen. Es ist ja ein amerikanischer Dynaco Bausatz, von K&H profeßionell zusammengesetzt und in ein bis heute zeitlos schönes Gehäuse verpackt. Es gab 3 Ausführungen: Mit originalem Röhren-Stereodecoder, mit K&H-eigenem Transistor-Decoder ohne und später mit Pilottonfilter. Schade, daß wohl dieser Empfänger als erster Bestandteil der Anlage in die Museumsvitrine wandern muß, wenn die unsinnige Idee der EU, alle analogen UKW-Sender abzuschalten, verwirklicht werden sollte! Aber für`s inzwischen ordentlich nach Generalplan auf das widerspruchslose Freßen von Klangmüll konditionierte Volk reicht ja „Nebenbeimusik“ im MP3 „Format“! Wie sagte kürzlich ein Rockmusiker: Das ist die einzige Industrie, deren Erzeugniße immer schlechter werden! Neil Young drückte es noch klarer aus: CD ist Betrug! Wie gut, daß es sich politischer Willkür entzieht, die gute alte LP oder Tonbänder zu verbieten. Und überall entstehen bei Fans kleine Inseln, auf denen die analoge Zeit weiterlebt. Nur so hat die etwas jüngere Generation noch die Chance, den verlorenen Klang der Vergangenheit zu erleben. Und bei mir steht dazu für den großen Plattenschatz seit den besagten Stuttgarter Jahren der Thorens TD 124 II  mit einem Ortofon System SPU! Ja, das gab es vor fast 50 Jahren schon. Danken möchte ich Herrn Dr. Jörg Hucklenbroich  für die historischen Fotos vom alten Waisenhaus und Frau Cäsarina Maisch, die sich auch nach langer Zeit noch an den Vornamen Hugo des Tonmeisters Herold erinnern konnte, mir war er entfallen.
Bors Trio

Bors Trio

Mit ein paar Takten Haydn´s war sie schon in der 2. Ausgabe der Illustrierten Funkstunde zu vernehmen: Enikö Bors. Ein kleines Portrait der Pianistin, die wir seit vielen Jahren zu unseren Freunden zählen dürfen, soll in dieser Ausgabe folgen, zumal einige Leser aufhorchten und nachfragten. Darf ich also vorstellen? Allerdings bei der Gelegenheit dann gleich den ganzen Bors Musikanten-Clan: Enikö Bors, Pianistin, Ildiko Bors, Geigerin  und Csaba Bors, Kriminalkommissar. Am 15.9.91 las sich das auf dem Programm eines kleinen Konzertes in ihrer Heimatstadt Hiddenhausen etwas anders:

Es spielt das Bors-Trio. Statt dem Täter auf der Spur zu bleiben schwang Csaba Bors  zu der Zeit noch den Cellobogen. Für die Eltern der 3 jungen Musiker wurde mit dem Trio sicher eine nicht alltägliche Vorstellung Wirklichkeit. Dazu muß man wissen, gemäß dem bekannten Naturgesetz vom Birnbaum und den Äpfeln, daß der (viel zu jung verstorbene) Vater Geiger war und die Mutter auf der Opernbühne gestanden hatte. Vater Ioan „Willi“ Bors, Ungar aus Siebenbürgen, ein hervorragender Instrumentalist und Musiker, war etliche Jahre mein Konzertmeister-Kollege bei der Nordwestdeutschen Philharmonie Herford. Unvergessen bleiben mir seine menschlichen Qualitäten, unter Kollegen nicht immer selbstverständlich…

Seine Frau Cecile stammt aus Taiwan, wurde schnell zu einer jungen Berühmtheit in ihrer Heimat,  kam dann aber nach Lüttich, um ihr Gesangsstudium fortzusetzen und gehörte anschließend den Ensembles der Opern Straßburg und Lyon an. Ich habe sie dort leider nicht gehört, kann mir aber ihre Erfolge gut vorstellen, nachdem ich sie Jahre später im Liedgesang kennenlernte. Der Sohn Csaba wählte nach der Jugendzeit nicht den Weg des Musikers, vielleicht hatte er Licht und Schatten dieses Berufes zu nahe beobachtet… heute ist er ein moderner Nachfolger des Sherlock Holmes. Tochter Ildiko blieb bei der Geige, die Entscheidung erwies sich als richtig, sie steht ihre Frau im Berufsleben, sei es im Orchester oder als Solistin.   (Foto Bors Trio als Jugendliche aus Zeitung Herforder Kreisblatt)

Und nun zu Enikö: Zu jeder Künstlervorstellung gehört wohl ein ordentlich aufgesagter (musikalischer) Lebenslauf. Aber ich erlaube mir, wegen der immer gleichen Formeln, auf die so eine Tabelle hinausläuft, weitgehend darauf zu verzichten.  Ja, selbstverständlich hatte sie gute Lehrer (zuerst die Mutter, später Bella Lasheras und Prof. Edmundo Lasheras in Detmold, dazu Meisterkurse bei Klaus Schilde u.a.), am Ende standen Diplom und Konzertexamen an der Hochschule in Detmold. Schon früh hatte sie mehrere Preise bei „Jugend musiziert“ abgeräumt und sitzt seitdem im In-und Ausland vor begeistertem Publikum auf vielen kleinen und großen Bühnen am Klavier. In jüngerer  Zeit konnte sie weitere Förderungen und Preise einsammeln und erhielt 2006 einen Lehrauftrag an der Musikhochschule in Detmold. Aber all das liest sich fast gleichlautend bei großen Künstlern wie bei kleinen Lichtern, und sagt wenig aus. Wie soll ich also ihre Kunst beschreiben? Ich bin selbst Musiker, und als solchem genügen mir ein paar Töne, um zu erkennen, wen ich vor mir habe. Kritiker, bekanntlich keine Musiker, verstecken den ihnen verwehrten Zugang zum Wesentlichen notgedrungen hinter einem großen Vorrat an Wortqualm, Strukturanalysen usw. DAß sich Musiker die Werke genau ansehen und über Gestaltungsfragen nachdenken, ist für sie Grundvoraussetzung, aber dann kommt viel mehr?. Dazu fällt mir eine kleine Geschichte ein, die mir mein Vater berichtete: Als Gasthörer nahm er an einem langen Unterrichtstag bei Edwin Fischer teil. Die Studenten donnerten sich gegenseitig mit ihrem virtuosen Können in Grund und Boden, mein Vater fragte sich ratlos, WER aus ihrer Runde wohl der nächste Stern am Pianistenhimmel sein würde. Auf die entsprechende Frage an Fischer die einfache Antwort: DAS wird nur  die Persönlichkeit entscheiden. Jetzt fällt mir zu Enikö Bors etwas ein: DIE HAT SIE!

Selbstverständlich wird Enikö Bors bei uns im Hause der Funkstunde konzertieren, aber wir kämpfen noch mit dem Problem, einen guten Flügel zu finden, der strengen Ansprüchen genügt und für uns zu leisten ist. 

(Wir danken dem Herforder Kreisblatt für die Freigabe des Berichtes über das Bors-Trio)

Neue Vinyl-LP: Lasagne auf dem Plattenteller!

Ganz so traurig steht es um die LP noch nicht

Ganz so traurig steht es um die LP noch nicht

Zugegeben, der Vergleich ist deutlich zeitgebunden (Frühjahr 2014) und hat ein Verfallsdatum, aber er lag einfach zu nahe, um ihn auszulassen. Hier wie dort (Teig)-Platten mit einer Schicht Gehacktem darauf, und hier wie dort viel zu oft falsche oder fehlende Deklaration der Inhaltsstoffe. Allerdings nur im Falle des Pastagerichtes ist dank besserer Kontrolle (vorübergehend?) mit Besserung zu rechnen, trapp, trapp… Bezüglich der analogen oder digitalen Inhaltsstoffe neuerer LP gibt es ja keine so bedeutenden EU-Vorschriften wie z.B. vor Jahren beim Krümmungsgrad von Gurken. Und bis auf wenige erfreuliche Ausnahmen (auf die ich noch zurückkommen werde) nutzt die Tonbranche weitgehend ihren Freiraum, macht keine konkreten Angaben, preist dafür aber mit den heute üblichen Sprüchen der Industrie-Lyrik ihre Tonträger an. Da gibt es falsche, irreführende oder einfach überhaupt keine Angaben zur Technik, in letzterem Falle ist seit den 80er Jahren größte Vorsicht geboten! Zur Vernebelung trägt die meist ahnungslose schreibende Zunft bei, echte Aufklärung hat sie nicht im Programm. Erstens gibt es zu diesem Thema kaum sachkundige Autoren bei der Tagespresse und zweitens will ernsthaft niemand die Geschäftemacherei stören. Sicher gäbe es ein paar wenige Autoren bei der Fachpresse, aber die lassen das Thema ganz still unter dem Teppich.

Ein Beispiel ist der Artikel „Und sie dreht sich doch“ in der SZ vom 26./27.1.13. Ohne jedes Fachwissen wird eine ganze Seite lang über den steigenden Umsatz mit LP berichtet! Da kommt bei mir auch die böse Frage auf, ob die politischen und wirtschaftlichen Beiträge der Süddeutschen Zeitung etwa ebenso laienhaft sind, wie beispielsweise dieser Bericht zur Situation der Schallplatte… im Gegensatz zu musikalisch-technischen Fragen kann ich auf den anderen Feldern die Hintergründe ja nicht aus eigenen Kenntnissen der Zusammenhänge nachprüfen.

Studioplattenspieler

Studioplattenspieler

Fälschung durch Weglassung

Zutreffend am Artikel des Herrn Hollenstein ist, daß die LP steigende Umsätze zu verzeichnen hat und die Diepholzer Fa. Pallas gut zu tun hat mit Preßaufträgen. Es ist erfreulich, wenn weiter ordentliche Plattenspieler gebaut werden, und wer viel Geld für sein Hobby ausgeben möchte, kann gerne Abertausende in einen Drehteller mit Tonarm investieren. Sammlern alter LP kann man nur weiterhin Finderglück wünschen, und viele Pressungen bis etwa in die Zeit um 1980 sind sicher ihren Preis wert. Aber bez. der Neuproduktionen sehen wir uns später die in dem Bericht herausgestellte „Ehrlichkeit“ noch genau an. Der ausgiebig von der SZ zitierte Herr Neumann, Eigentümer der Pallas, steht am Ende der Produktionskette, seine Firma beherrscht tatsächlich bis heute noch die anspruchsvolle Preßtechnik und nach dem Verlassen seiner Firma ist das schwarze Gold bereit für den Plattenspieler. Richtig ist, zum Problem für eine längerfristige Produktion von Schallplatten könnte es werden, daß es keine Hersteller von Preßmaschinen mehr gibt und gegenwärtig benötigte Ersatzteile durch Kannibalisieren von alten Maschinen gewonnen werden, bzw. auch durch Einzelanfertigung von Teilen. Aber damit ist es nicht getan, für eine einigermaßen vollständige Darstellung der Situation der Schallplatte muß man korrekterweise SÄMTLICHE Stationen zu deren Herstellung ansehen, auch jene, die VOR der letzten Fertigungsstufe, der Pressung und dann dem Abspielgerät liegen! Und die Beschränkung allein auf die Fragen der letzten Produktionsstufe macht den Artikel so ärgerlich und an entscheidender Stelle unprofessionell!

Der Folienschnitt

Schneidkopf

Schneidkopf

Die (auch von mir geschätzte) Pallas übernimmt seit jeher nur den Produktionsprozess ab angelieferter Lack-oder Kupferfolie. Aber, und das ist der große Mangel des Beitrags, kein Wort dazu, wie und in welcher technischen Form und Qualität die Musik auf die Preßmatritze, die entscheidende Vorstufe, kommt! Schon Valentin stellte ja zutreffend fest, daß „Schall“ auf der Platte sein muß. Und an diesem Punkt stellt sich heraus, die meisten der ach so „ehrlichen“ LP aus neuerer Zeit sind weitestgehend reiner Etikettenschwindel! Also auch auf unserem Gebiet so etwas wie Pferde-Lasagne, Glykolwein oder „Bio“-Eier aus dem Hühnerkäfig! Möglichst fehler- und knackfreie Galvanik bei Pallas in Ehren und sie ist unentbehrlich, aber die Endqualität einer LP wird von der Aufnahme und Folienüberspielung entscheidend mitbestimmt! Und DA liegen heute die großen Schwachstellen. Der praktisch einzige

Neumann Schneidemaschine

Neumann Schneidemaschine

Hersteller von Folienschneidmaschinen und der dazugehörigen SCHNEIDKÖPFE war die Fa. Neumann in Berlin. Neumann wurde bedauerlicherweise von Sennheiser übernommen und die Herstellung der Anlagen, aber speziell der SCHNEIDKÖPFE, endete bereits vor Jahren. Auf diesem Gebiet herrscht fast Notstand, denn nach meinem Wissen gibt es nur noch 2-3 Spezialisten, die Schneidköpfe zu extremen Kosten reparieren können. Eine Neuherstellung existiert lediglich in Form von Laborstücken, Serien sind kaum in Sicht. Die Grenze zum generellen Betrug mit neueren LP ist aber in meinen Augen dadurch überschritten, daß die ALLERMEISTEN Folien mit DIGITALEM Tonmaterial geschnitten werden, und das in höchst unterschiedlicher Qualität, ohne eine entsprechende Deklaration auf der Platte oder dem Cover!

Natürlich steht nirgendwo eine quasi naturgesetzliche Bedingung geschrieben, daß eine LP IMMER ein lückenlos analoges Produkt sein muß! Aber die größte Bedeutung des Vinyls ergibt sich doch aus der möglichen ANALOGEN Wiedergabe von Musik, wie sie seit der Erfindung der Schallplatte selbstverständlich war. Die LP wäre der einzige verbliebene und vervielfältigungsfähige REIN analoge Tonträger seit das Heimtonbandgerät oder die MC praktisch keine Rolle mehr spielen und der Rundfunk inzwischen zu einem Lieferanten primitivster MP3 Berieselung verkommen ist! Und es gibt sie in steigender Zahl, die Musikhörer, die (zu recht) der analogen Reproduktion von Musik nachtrauern! Fast alle mir bekannten Folienüberspieler, mit wenigen sehr erfreulichen Ausnahmen wie z.B. Organic Music in Obing, SST Brüggemann in Frankfurt, Schnittstelle Kauffelt in Frankfurt oder die Berliner Meister Schallplatten in Hannover (es wird noch einige wenige andere geben, über eine Info würde ich mich freuen!), sind nicht mehr in der Lage, von analogem Band zu schneiden. Und von den wenigen anderen Studios, die überhaupt noch das Geheimwissen besitzen, eine Studio-Bandmaschine betreiben zu können, steuern fast alle nur noch den Schreibervorschub mit dem analogen Tonsignal. Der Schreiber selbst wird dann über eine digitale Verzögerung gespeist!! Ergebnis in geschätzt 90 % der Produktionen: Eine CD oder SACD auf Vinyl! Und noch schlimmer: Sehr oft bekommen die Überspieler datenkomprimierte Primitv-Tonträger zum Schnitt angeliefert. Der Käufer erhält eine teure MP3 Schallplatte für Fan-Preise! Eine solche „digitale“ LP ist jedoch ein völlig sinnloses Produkt! Da ist man mit der CD besser bedient! Anders sieht es aus, wenn das Tonmaterial konsequent mit höchstauflösender Digitaltechnik hergestellt wurde wie z.B bei ACOUSENSE (und etlichen anderen), aber auch da bleibt für mich die Frage, ob es für den Anhänger digitaler Technik nicht sinnvoller ist, trotz Normenwirrwarr gleich eine SACD zu kaufen… .

Gelatine Aufnahmegerät.von oben

Gelatine Aufnahmegerät.von oben

Die Schnittechnik

An diesem Punkt ist wohl ein kleiner Ausflug in die Technik angebracht, denn aus Gesprächen mit Musikhörern und HI-FI Fans, auch mit „Kennern“, weiß ich,

Gelatine Aufnahmegerät. Antrieb

Gelatine Aufnahmegerät. Antrieb

daß speziell in der etwas jüngeren Generation der Herstellungsprozess einer Schallplatte fast nicht mehr bekannt ist, ja sogar im Audio-Bereich Aktive wissen heute von dem vollständigen Werdegang kaum noch etwas. Gleichgültig, ob bei der Edison-Walze (1877) oder der später von Emil Berliner (1887) erfundenen flachen Schallplatte, der Schnitt in Wachs, Gelatine oder andere Trägermaterialien erfolgte immer mit gleichbleibendem Rillenabstand durch starr mit dem Tellerantrieb gekoppelten Vortrieb des Schneidkopfes über eine Schneckenwalze. Ein Blick auf die Zeichnung des Neumann Gelatine-Schneidgerätes R 21 von 1933 zeigt das von der Zeit Edisons bis in die 50er Jahre unverändert gültige Prinzip.

Gelatine Aufnahmegerät

Gelatine Aufnahmegerät

Erst mit dem Füllschriftverfahren des genialen Erfinders Eduard Rhein (u.a. war er von 1946 bis 1964 Chefredakteur der HÖR ZU) aus dem Jahre 1950 wurde der Schreibervortrieb variabel gesteuert, was die Spieldauer einer Platte (zu der Zeit meist schon der Vinyl-LP) deutlich erhöhte. Seine Idee war, daß leise Abschnitte der Musik wegen der geringeren Rillenbreite enger nebeneinander geschnitten werden können und der Vortrieb bei lauten Passagen entsprechend erhöht werden muß. Aber dazu braucht der Steuermotor für den Vorschub vorher die Information, wann es laut wird.

M15a 3 Schnittmaschine - Foto: Thorsten Scheffner, ORGANIC Music

M15a 3 Schnittmaschine – Foto: Thorsten Scheffner, ORGANIC Music

Die Lösung: Das Mutterband wird 2 mal abgehört auf speziell ausgerüsteten Studio Bandmaschinen mit 2 Wiedergabeköpfen und einer Umlenkeinrichtung vor dem Kopfträger, die eine Bandschleife mit genau der Länge erzeugt, die der Dauer einer Umdrehung der zu schneidenden Platte entspricht. Der erste Wiedergabeweg gibt die Pegelinformationen, mit denen der Rillenabstand gesteuert wird und erst das zeitlich spätere Tonsignal wird dann dem Schneidkopf zugeführt. Diese für Folienüberspielungen ausgerüsteten Bandmaschinen sind natürlich aufwendiger in der Handhabung, Wartung und Einmessung als eine „normale“ reine Wiedergabemaschine.

M15a 3 Schnittmaschine. von oben - Foto: Thorsten Scheffner, ORGANIC Music

M15a 3 Schnittmaschine. von oben – Foto: Thorsten Scheffner, ORGANIC Music

Das brachte die meisten Überspieler dazu, das Tonsignal für den Schneidkopf einfach über eine digitale Verzögerung zu erzeugen. Ergebnis: Siehe oben, letztlich dann eine digitale LP! Die heutigen Anbieter von LP machen, wie gesagt, selten Angaben, ob es sich tatsächlich um eine in sämtlichen Produktionsschritten analoge Platte handelt. Dazu kommt, daß es konsequent analog bis zum Masterband arbeitende Tonstudios kaum noch gibt. Alle kontaktierten Schnittstudios bestätigen, die Nachfrage nach rein analogem Schnitt seitens der Plattenproduzenten ist äußerst gering. Alte Bänder berühmter Aufnahmen der großen Musiker und Firmen erfahren zudem vor einer Neupressung oft eine schreckliche „Veredelung“ durch „digital remastering“ (grausame Beispiele für solche Verstümmelung hat die Süddeutsche Zeitung selbst in Ihren CD-Serien „Große Geiger und Pianisten“ verkauft). Die Verkaufs- und Werbemaschinerie der Industrie arbeitet mit den nostalgischen Erinnerungen und Gefühlen der Käufer, die so meist über den Tisch gezogen werden. Und dann gibt es noch den Musikhörer, der sich an der Selbsttäuschung berauscht, eine CD auf Vinyl klänge „besser“ als die reine CD! Das ist physikalischer Unfug, der Folienschnitt kann nicht herbeizaubern, was die Digitaltechnik bei der Aufnahme hat verschwinden lassen. In Studio-Fachzeitschriften fand ich Berichte über Studios in USA, die noch Folien schneiden können und das laut Beschreibung mit hoher Güte… Stillschweigend wurde übergangen, daß die beschriebene Methode der digitalen Erzeugung des Schreibersignals auch dort angewandt wird. Mengen von Bandmaschinen sah man auf den Fotos… aber keine einzige mit der typischen Bandschleife für den zweiten Wiedergabeweg, der für den Schreiber gebraucht wird.

Rein analoge LP mit Aufnahmen der Funkstunde

Rein analoge LP mit Aufnahmen der Funkstunde

Die Situation für den LP-Käufer

Das alles soll den Analogfan nicht davon abhalten, auch neue Vinyl Produktionen zu erwerben und sich daran zu freuen! ES GIBT SIE JA, die echten Schätze alter Machart, nur muß man sich genau umsehen und nachfragen! Und das wirklich nachdrücklich. Ich selbst war dabei, als sogar auf einer Analog-Ausstellung eine neue LP als analog angepriesen und für viel Geld verkauft wurde, von der ich intern wusste, wie die von einem gehobenen Amateur gemachte Bandaufnahme komplett am PC überarbeitet worden ist, weil sie nicht schnittfähig war! Das wurde den Käufern natürlich verschwiegen. 2012 befaßte sich z.B auch die Zeitschrift Stereo mit den Problemen der hochqualitativen Herstellung von LP in unseren Tagen. Diese Artikel waren fachlich durchaus professionell und sachlich richtig, aber, da letztlich die Zeitschrift Teilnehmer am Wirtschaftsbetrieb Musikindustrie ist und niemand ernstlich verstört werden soll, wird dem Leser unterschlagen, daß ein Großteil der „analogen“ LP eben doch aus nicht deklariertem Hackfleisch bestehen, zahllose davon aus unappetitlichstem MP3. Von der Zeitschrift LP erhielt ich auf meine Anfrage, ob sie ihre Leser komplett aufklärt, erst gar keine Antwort, mit Hofberichterstattung lebt sich’s wohl doch besser… .

Eine wichtige Klarstellung: Meine Schilderungen beziehen sich insgesamt nur auf Musik mit natürlicher Klangerzeugung, bei elektronischer „Musik“ sieht die Sache anders aus: Hier ist wohl die Digitaltechnik im Vorteil, aber da es sich dabei nicht um Musik handelt, ist das Thema hier nicht einbezogen. In der nächsten Ausgabe der Illustrierten Funkstunde werde ich mich mit der Musik vom Elektriker intensiv befassen. Da kam es sehr gelegen, daß mir ein Freund gerade die sogenannten 4 Kriterien der elektronischen Musik von Stockhausen zusandte. Auch nach 50 Jahren ist es für einen Musiker unfaßbar, wie man Menschen, die lesen und schreiben können, derartigen Unfug 1972 in einem Hochschulvortrag vorsetzen konnte ohne einen „shitstorm“ zu erzeugen… . Mit diesem Beitrag will und kann ich die Debatte über die „bessere“ Qualität digitaler oder analoger Tontechnik nicht entscheiden, das ist hier auch nicht das Hauptthema, und die Diskussion wird bleiben. Nur mir persönlich liegt die alte Analogtechnik, mit der ich quasi aufgewachsen bin, viel näher als die neue Hackschnitzel-Errungenschaft. Es ist aber wie bei der Lasagne: Die Anteile an Hufeisen im Hackfleisch sind ja nicht gesundheitsschädlich, aber wer sie nicht mag, möchte doch informiert sein!

Betrug mit Tradition

Seit dem berühmten Stichtag des gloriosen Karajan- und Sony Auftritts 1981 bei einer Salzburger Pressekonferenz (Karajan zur Digitaltechnik: Dagegen ist alles andere wie Gasbeleuchtung) hat die Fama der so unvergleichlich tollen Digitaltechnik viele Tonleute mit der wirtschaftlichen Daumenschraube mehr oder weniger zum Betrug gezwungen!

Eine reine Analoge Produktion in der Funkstunde "Enikö Bors spielt Haydn"

Eine reine Analoge Produktion in der Funkstunde „Enikö Bors spielt Haydn“

Die Industriewerbung und ihre willigen Trittbrettfahrer bei der „Fach“-Presse haben ganze Arbeit geleistet! Über Nacht musste für die meisten Journalisten, Musiker und Käufer von LP oder CD alles digital sein. Ich erinnere mich noch an die naseweise Frage eines sehr jugendlichen Trompeters, der wohl meinte, etwas Wichtiges aufgeschnappt zu haben: Nehmen Sie auf MAZ auf? Zu der Zeit gab es für private Studios eigentlich nur die digitale Aufnahme mit dem beta-Videorecorder SL-F1. Das Problem: Kaum ein privates Studio konnte zu der Zeit digital schneiden, Computerschnitt gab es noch nicht und die Schnitteinrichtung von Sony, bestehend aus 3 großen U-matic Recordern und einem Steuerpult war derartig teuer, daß nur wenige große Firmen so etwas kaufen konnten. Was tat also die Mehrheit der kleineren Studios: Dem Auftraggeber das kleine Videogerät während der Produktion vorzeigen und damit die Aufnahme machen. Nach den Details der hinterher erforderlichen Bearbeitung im Studio fragte niemand. Daß digitales Material in den 80-ern eigentlich nur im Ausnahmefall mit riesigem technischen und finanziellem Aufwand digital zu schneiden war und geschnitten wurde, wußten die Musiker nicht. Zu Hause angekommen, spielte man das Digitalband einfach auf die klassische analoge Telefunken Bandmaschine M10 um, oft mit telcom, und alles wurde wie bisher analog fertiggestellt. Auf der Platte oder CD stand dann aber pflichtschuldigst „digital recording“ oder DDD! Heute ist es umgekehrt: Dem Käufer wird stillschweigend eine „analoge“ LP angedreht, die meist aus Hackfleisch besteht, u.a. deshalb, weil es jetzt teuer ist, analog zu produzieren… und die entsprechende Sachkenntnis selten geworden ist. Vielen Dank an geduldige und hilfsbereite Gesprächspartner, u.a an die Herren Krieger von SST Frankfurt, Maillard von den Berliner Meisterschallplatten, Koschnicke von ACOUSENCE, Kauffelt von Schnittstelle Frankfurt, Scheffner von ORGANIC Music