Eine Studentin der Museologie auf dem Weg zur FUNKSTUDE
An einem schönen Julitag, wir veranstalteten gerade unser Sommerfest, erschienen Susanne und Robert bei uns. Sie waren aus Leipzig und Waltershofen angereist, hatten von unserer FUNKSTUNDE gehört und wollten sich die Sache einmal genauer ansehen. Sie wurden gerne aufgenommen, entpuppten sich als interessierte Gesprächspartner in Sachen alter Technik. Ihre Vorliebe galt allerdings nicht so sehr der historischen Studiotechnik, sondern bezog sich auf Radios, speziell denen aus der DDR, verbrachten die Beiden doch dort die meiste Zeit ihres jungen Lebens. Nun liegt der Schwerpunkt unserer FUNKSTUNDE nicht unbedingt im Sammeln von historischen Radiogeräten, obwohl wir auch ein paar wenige Exemplare in der Vitrine haben. – Wir diskutierten weiter, zu vorgerückter Stunde stellte sich nun die Frage nach einer Unterkunft für Susanne und Robert. Unser Haus war komplett belegt, sogar im Dachstübchen stapelten sich die Gäste. Was tun? Wir redeten weiter und erfuhren, dass Susanne den Studiengang Museologie an der HTWK in Leipzig belegt hatte und sich auf eine Prüfungsarbeit vorbereitete. Ihr Freund Robert ist im beruflichen Leben Computerfachmann, im Herzen jedoch ein Fan und Sammler von antiken DDR – Radios. Was lag da näher, als sich zusammenzutun: Susanne beschreibt in ihrer Arbeit den Zeitgeist jener vergangenen Jahre und Robert stellt die schönsten Stücke aus seiner Sammlung zur Verfügung. Herausgekommen ist die Ausstellung RadioStationen.
Einen Eindruck davon können Sie hier bekommen.
Der Abend bei uns endete so: Susanne und Robert holten ihre Schlafsäcke aus dem Auto und verschwanden in der Studio – Regie hinterm Pult.
Wir hoffen, sie hatten eine gute Nacht.
Susannes Bericht
Am 29. Mai 2012 öffnete die kleine Ausstellung RadioStationen – Von Radios in der DDR – ihre Türen. Im Rahmen einer Prüfungsleistung des Studienganges Museologie an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK) ließen vier Studenten das Radiowesen der DDR aufleben. Im Blickpunkt der Ausstellung stand das Radioempfangsgerät als solches und die Stationen, die es in seinem Leben durchlaufen konnte.
Diese Bereiche zeigten, unter welchen Gesichtspunkten die Geräte gestaltet und hergestellt wurden, wie sie im Alltag genutzt wurden, welches Zubehör mit ihnen in Verbindung stand und zu guter Letzt, was mit ihnen passierte, wenn sie einmal kaputt gingen. Die erste Station „Der Betrieb“ fokussierte vorrangig die Gestaltung von Formen und Verwendung von Materialien im Wandel der Zeit von den 1950er bis 1980er Jahren, dargestellt von je zwei prägnanten Vertretern.
Das Design ist in der DDR Staatsaufgabe und untersteht klaren Vorgaben. „Formgestalter“ arbeiten in Kollektiven und sind den Betrieben zugeteilt. Auswahl billiger Materialien ist bestimmt durch Ressourcenknappheit und Mangelwirtschaft. Dominiert in den 50er Jahren noch eine rückwärtsgewandte, möbelartige Form mit Holzverkleidung und abgerundeten Ecken, so entwickelt sich in den 60er Jahren eine klare sachliche Linie im Baukastenprinzip. Duro- und Thermoplasten sind die neuen Materialien, die sich hervorragend für die Serienproduktion eignen. Mit der Weiterentwicklung der Technik von Röhren zu Transistoren, gelingt es in den 70er Jahren, die Geräte immer kleiner werden zu lassen. Der Trend der 80er Jahre ist die Hi-Fi-Komponentenanlage mit Gehäuse aus Metall. „Zuhause und unterwegs“ war das maßgebliche Thema der zweiten Station. In dieser wurde der Alltag mit den Geräten gezeigt. Radios sind in der DDR keine Mangelware. Trotzdem gehören sie zu den Luxusgütern und sind dementsprechend teuer, was anhand von Kaufbelegen und Originalkartons dargestellt wurde. In der Regel gestaltet es sich schwierig, ein bestimmtes Modell zu erlangen. Auch wenn in Zeitschriften für bestimmte Geräte geworben wird, ist dies keine Garantie für den Erwerb. Radios und ihre Zusatzgeräte prägen die Wohnungseinrichtung. So gibt es Spannungsregler für die älteren Modelle, um bei Stromschwankungen auszugleichen, oder externe Lautsprecherboxen für den Stereo-Effekt. Außerdem gehören Radios zur Freizeitgestaltung.
Kleine handliche, tragbare Geräte können mittels Griffen oder zugehörigen Tragetaschen im Garten, im Park oder auf dem Campingplatz genutzt werden. Zum Verweilen lud eine Hörstation ein, in der die Besucher Ausschnitten aus Interviews lauschen konnten. Zeitzeugen äußerten sich, in Erinnerungen schwelgend, über ihr erstes Radiogerät, ihre Lieblingssender, heimlich gehörte Westsender und besonders wichtig: das Mitschneiden. Historische Fotos, die den Alltag mit den Geräten zeigen – ob in der Schrankwand oder auf der Wiese – runden die Erinnerungsecke ab. Die Nostalgie blieb dabei nicht auf der Strecke. So einiges „Ah!“ und „Oh!“ und „Das hatten wir auch!“ war von den Besuchern zu vernehmen.
Die dritte Station „Die Werkstatt“ hätte genauso gut „Der Radiobastler“ heißen können. Nicht selten kommt es vor, dass ein Radiogerät kaputt geht. Aufgrund der hohen Preise ist eine Reparatur immer lohnend und es findet sich jederzeit jemand, der über die nötigen Fertigkeiten verfügt. Ausgestellt waren sowohl Schaltpläne, die mit den Geräten geliefert (Bild „Station 3, Die Werkstatt“) wurde bzw. auf älteren Modellen auf der Rückseite gezeichnet waren, Fachbücher für jugendliche Bastler und fortgeschrittene Hobbytechniker und einige Beispiele für Ersatzteile und Werkzeuge. Nebenbei wurde mittels geöffneter Geräte der Unterschied zwischen Röhren- und Transistortechnik erklärt. Die Ausstellung war eine Woche lang in den Räumlichkeiten der HTWK zu sehen. Dank reger Anteilnahme von Verwandten und Freunden der Studenten konnte eine großartige, differenzierte Zusammenstellung von Radiogeräten, Zubehör, Ersatzteilen, Zeitschriften und Büchern, aber auch Fotos ermöglicht werden.
Man kann sagen, dass die Ausstellung „RadioStationen“ eine nächste, eine vierte Station darstellt, nämlich das Radio als Nostalgieobjekt und Museumsgut. Denn auch wenn die DDR- Radiogeräte kaum noch in ihrer ursprünglichen Funktion Verwendung finden, so gibt es doch eine reichliche Anzahl an Sammlern oder Technikmuseen, die sich ihrer annehmen und ihre Existenz wahren.
2 Freunde haben uns 2008/2009 für immer verlaßen
ABSCHIED VON UNSERER FREUNDIN EDITH NOTHDORF
Der Tag, das Jahr, der Lebensgang, das warme Licht, der gute Klang, die Freude und das Leben… Diese Zeilen aus Ediths „Lied der Zuversicht“ fallen mir ein, wenn ich an ein Zusammentreffen mit ihr vor langen Jahren denke. 1989. Das Hamburger Streichquintett, collegium con baßo (ccb), feierte sein 20-jähriges Jubiläum. Es war ein wunderschöner samtener Oktobertag. Edith hatte für alle ein Geschenk mitgebracht; diesmal war es etwas Besonderes, Selbstgemachtes. Jedes Mitglied des ccb bekam einen kunstvoll aus Ton geformten Notenschlüßel überreicht. Edith machte es stets Freude, ihre Freunde zu beschenken. Zudem war sie eine liebevolle Gastgeberin. Im Hause Nothdorf wurde oft geprobt, anschließend ausgiebigst gefeiert und bis in die späteren Abendstunden hinein getafelt. Und der gute Klang? Ediths Kritik war es manchmal zu verdanken, daß dieser auch zustande kam. Sie war kompetent, auf sie wurde gehört. Wenn musikalisch etwas nicht stimmte, war sie nicht zu becircen. Sie war ausgebildete Opernsängerin, hatte Klavier und Musikpädagogik studiert und sich mit Hingabe der musikalischen Früherziehung gewidmet. Ediths Publikationen sind für Schüler wie für Lehrer von unschätzbarem Wert. Nicht zufällig wurde 2001 das EDITH NOTHDORF ZENTRUM an der Universität Saratow (Rußland) eingerichtet. Es dient der Analyse und Verbreitung ihrer Methodik der musikalischen Früherziehung. Diejenigen – und es waren viele -, die sie zur Musik geführt hat, werden diese Bereicherung ihres Lebens nicht vergeßen. Auf Ediths Wunsch hin hat „ihr“ collegium con baßo sie am 1. September 2009 mit dem Lyrischen Andante von Max Reger auf dem letzten Weg begleitet.NACHRUF JOACHIM JOOS
Nur wenige Jahre durften wir Joachim Joos zum engeren Kreis der Funkstunde zählen: Er starb viel zu früh im Dezember 2008. Speziell der harte Kern der (Ton)Technik-Begeisterten, Amateure wie Profis, werden sich an lange und besonders aufschlußreiche Gespräche mit ihm erinnern. Bei unseren Festen war er fast immer als erster zur Stelle, der Kuchenteller an seinem Platz mußte jedoch meist schnell einem alten Verstärker, besonders wegen der eingebauten Transformatoren, weichen. Er hatte das schwierige Vorhaben begonnen, die Geheimniße der historischen Tonfrequenzübertrager zu ergründen UND wollte sie wieder herstellen. Alle Fans warteten ungeduldig darauf. Zitat Günther Schütte (Tonographie): „In den Trafos wird die Musik gemacht“. Glücklicherweise sind die Ergebniße von Joos` Arbeit nicht verloren, immer laufend aktuell hat er mir schriftlich alle Erkenntniße und Fortschritte mitgeteilt, darauf wird ein befreundeter Funkstundler aufbauen und nach Möglichkeit weiterarbeiten. Aus dem Nachlaß von Joachim Joos erinnert so einiges fast täglich an ihn: seien es Meßgeräte in der Werkstatt oder Verstärker im Studio, die er in blitzblankem Sammlerzustand erhalten hatte.Zum Gedenken
Jede Vereinigung hat auch große Verluste zu vermelden.
Im Oktober 2012 verstarb unser Mitglied Karin Mohn, die ihre schwere Erkrankung mit großer Haltung und eigentlich auch Hoffnung ertragen hat. Sie saß bei unseren regelmäßigen Runden stets als eine der ersten im Cafè der Funkstunde. Auf Fragen nach ihrer Gesundheit kam immer die Antwort: Ach, es wird schon. Wir denken gerne an ihre liebenwerte Art und den norddeutschen Tonfall, der hier in Penzing ja selten zu hören ist.
Unser Freund und Förderer Ralph – Dieter Fuhrmann ist im September 2013 verstorben. Man könnte über ihn sagen, dass er sich selbst zu einem freien Mitarbeiter des Rundfunks gemacht hat. Per Telefon oder Brief äußerte er seine Zustimmung oder Ablehnung bei den Machern des Rundfunks deutlich. Was er sagte, hatte Hand und Fuß. Und z. B. der Deutschlandfunk ließ ihn sofort auf Sendung, wenn es Diskussionsrunden im Radio gab.
Für uns ist aber seine erstaunliche Leistung von größter Bedeutung, er hat bei der Auflösung des Hamburger IRT – Institut für Rundfunktechnik – alle historischen Unterlagen seit 1930 vor der Verschrottung bewahrt und der FUNKSTUNDE übergeben. Einer unserer unerfüllten Reiseträume war und ist Libyen, ein Besuch ist heute zu gefährlich.
Aber Ralph – Dieter Fuhrmann hat vor Jahrzehnten das Land intensiv bereist und dort beruflich Funkanlagen gebaut. Seine Berichte haben wir in seinem Haus, in dem man in jeder Ecke den Radiotechniker und – freund nicht übersehen konnte, bei Kaffee und Kuchen verschlungen. Vielleicht hört er ja von seiner Wolke aus die FUNKSTUNDE.
Die Darstellung der „Illustrierten Funkstunde“ ist über Microsoft Outlook und diverse andere Service-Provider Mail Software Programme (T-Online Mail etc.) falsch oder ihre richtige Darstellung ist über diese Programme nicht möglich. Daher wird die Funkstunden Illustrierte zukünftig als Newsletter-Info versendet.
Verantwortlich für diese Ausgabe der Illustrierten Funkstunde ist Johannes Brüning, Adresse der Funkstunde.
Meister, wir sind fertig…
wir können anfangen zu reparieren! Beim letzten überlesen dieser Zeitung haben wir gesehen, daß noch 2 Nachträge fehlen: 1: Der kleine Beitrag zur sogenannten Musik (Sound Design) heutiger Film-Maßenware reißt das Thema Musik vom Elektriker nur ganz kurz an! Zu diesem zutiefst unmusikalischen Thema folgen noch ausführliche Betrachtungen auf der Seite der Funkstunde oder in einer der nächsten Illustrierten. Was da an übelster Zerstörung von Sensibilitäten gerade auch bei der jüngeren Generation angerichtet wird, muß bei jedem Musiker die Zornesröte oder je nach Veranlagung tiefe Trauer hervorrufen! 2: Der Nachschub an musikalischer Software auf dem Markt nimmt nicht zu, sondern ab (komisch, so wird man ein Kind seiner Zeit und verwendet einen Ausdruck aus der digitalen Welt für das Schönste der analogen Zeit!). Mancher Telefunken M 15 oder Studer A 807 fehlt es an „Futter“ für besondere Hörstunden. Hier bei der Funkstunde steht aber die Krippe: Zu Selbstkosten bieten wir analoge Bandkopien von rechtefreien Aufnahmen des Rundfunks oder der Schallplatte. Das könnte z.B: das Duett von Roßini sein mit Hannelore Michel Violoncello und Georg Nothdorf, Kontrabaß. Verantwortlich für diese Ausgabe der Illustrierten Funkstunde ist Johannes Brüning, Adresse der Funkstunde. In eigener Sache: Je mehr wir uns mit der reichen Zeit der alten FUNKSTUNDE beschäftigen, sind wir stolz und glücklich darüber, daß wir unter mittlerweile erreichter rechtlicher Absicherung diese Zeit weiterleben lassen und weiterführen können. So etwas ruft auch Trittbrettfahrer auf den Plan, die wir erfolgreich abwehren konnten. Zuletzt mußten wir einem Hersteller primitivsten Elektro-Pops unter dem Namen „Funkstunde“ den Strom abklemmen.Die neue Seite: www.do28.com
<<<<——- Einfach die Kiste anklicken und hineinsehen.Musik (f)liegt in der Luft. Schon die „Bild“ berichtete vom „schnellsten Geiger Deutschlands“. Freunde historischer Technik begeistern sich oft auch für die Fliegerei. Bei uns ist das seit 40 Jahren so. Möchten sie in unserem Flugbuch blättern?
Johann Sebastian Bach auf demLeitwerk der Linienmaschine „Leipzig“
P.S.: Wie sich die Bilder gleichen; 30 Jahre nach unserem Violinschlüssel
flogen wir unter dem Banner vom „Anfang und Ende aller Musik“ (Max Reger) durch die Nacht. Das Positionslicht wirkte noch zusätzlich wie eine leuchtende Fackel. Das war mehr als nur ein Flug zum Taxipreis.
Wir bedanken uns bei……
Norbert Schenk aus Darmstadt (www.dasstudiogmbh.com) für die Überlassung einer selten gut erhaltenen und vor allen Dingen kompletten Telefunken Bandmaschine T9 stereo mit Röhrenverstärkern V 66 u und V 67 u zu einem symbolischen Preis! Nur die Truhe, in der die Maschine kam, war ein Eigenbau, aber in unserem Bestand fand sich eine genau richtige alte Truhe vom NDR, die nur in der bei diesen Konstruktionen vorbereiteten Weise von M 10 auf T 9 zurückgerüstet werden mußte. Hier ein Bild vom perfekten Ergebnis!3. Sommerfest der Funkstunde in Penzing !!
Zum Schluß möchten wir nochmals an unsere Einladung zum 3. Sommerfest erinnern. Am Samstag und Sonntag, dem 19./20. Juli, feiert die Funkstunde wie in den Vorjahren, diesmal auch mit Musik. An beiden Tagen sind Sie ganztägig herzlich willkommen!
Monika Wersche und Johannes Brüning, der auch für den Inhalt verantwortlich ist.
Zentrum für analoge Rundfunk-Tontechnik.
Vielen Dank, dass Sie uns im Internet besuchen. Wir laden Sie ein zu einer virtuellen Führung durch unser kleines Funkhaus und zu einer spannenden Zeitreise in die Vergangenheit der Rundfunktechnik.
Den Begriff Funkstunde haben wir bewusst im Rückgriff auf die Geschichte des Rundfunks gewählt, der von der ersten Sendung 1923 an aus dem Berliner VOX-Haus bis hin zur Zwangsgleichschaltung der Medien durch den beginnenden Nationalsozialismus in Deutschland aus vielen Teilen des Landes unter der Bezeichnung „Funkstunde Berlin, Münster, Königsberg usw.“ über den Äther ging. Heute bietet sich uns – redaktionell und technisch – eine mittelmäßige Rundfunkgegenwart und ein scheinbar abgeschlossenes Kapitel der Rundfunkgeschichte, die am 29. Oktober 1923 in Berlin begann und die viele Menschen – so auch mich – einst in ihren Bann zog. Nur mit diesem Zeitraum wollen wir uns hier beschäftigen.
Das vorläufige Ende einer stolzen und soliden Ära kam am 31. Dezember 1993 mit der Abschaltung des Deutschlandsenders Kultur. Ich erinnere mich genau: Wir saßen mit Freunden bis Mitternacht am Rundfunkgerät und waren Zeugen dieses qualitativen Kahlschlages, der uns betroffen machte. Allerdings: Wir lassen natürlich die heutigen Mickymaus-Darbietungen nicht aus den Augen und wir melden uns zu Wort und wir mischen uns bei Bedarf ein.
Zum besseren Verständnis: Der Autor dieser Seite ist seit 1949 (der Beginn regelmäßiger Sendungen lag also erst 26 Jahre zurück) dem Rundfunk von der künstlerisch-technischen Seite her eng verbunden.
„bitte schneiden, bitte schneiden“
Mit diesem noch aus der Wachsplattenzeit stammenden Kommando an die Aufnahmetechniker im Studio machte ich meine erste Bekanntschaft mit dem Rundfunk. Das war 1949. Die bekannte Redakteurin Eva Baier-Post hatte mich 8-jährigen Musikus zu meinem ersten Interview in den Berliner Rundfunk, Hans Poelzigs berühmtes Funkhaus an der Masurenallee, eingeladen. Radio, das war für den kleinen Jungen Johannes aus dem Dorf Röntgental bei Berlin bisher nur ein polierter Kasten auf dem Küchenschrank. Und nun befand ich mich selbst da drin in diesem „Kasten“, einem großen Bau mit glänzender Fassade. Was gab es da alles zu sehen: In der Eingangshalle der geheimnisvolle Paternoster, lange gebohnerte und schier endlose Flure, rote Leuchtschilder mit der Aufschrift „RUHE AUFNAHME“ über vielen und geheimnisvollen Türen, aus denen manchmal Klangfetzen nach draußen drangen.
„Bitte schneiden, bitte schneiden!“ Das galt jetzt auch mir. Toningenieur, Tontechnikerin (ja, die gab es damals noch!), kurz: die ganze Studiomannschaft wusste, jetzt wird es ernst. Und ich wusste es auch: Ruhe, volle Konzentration, Aufnahme läuft, das Mikrofon ist offen. Ich dachte mir: Was du jetzt sagst oder spielst geht über den Sender, Vater und Mutter können Dich zuhause im Radio hören. Jetzt bloß keinen Fehler machen. „Bitte schneiden, bitte schneiden!“, Worte, die für ein langes Leben mit Musik und Technik bestimmend waren.
Johannes Brüning
Liebe Freunde der FUNKSTUNDE!
Baustelle mit Turm und Hilfsturm 1925
Auf unserem Titelblatt seht Ihr den bekannten Berliner Funkturm und gleichzeitigen Leuchtturm in der deutschen Rundfunkgeschichte. Ja, auch die wunderbaren Sendungen der damaligen FUNKSTUNDE wurden ab 1925 auf der Mittelwellenfrequenz 520,8 KHz übertragen, und zwar mittels eines 80m hohen Hilfsturms, von dem aus eine Antenne zur Spitze des Funkturms gespannt wurde. Auf unserem Foto kann man Funkturm und Hilfsturm gut erkennen.
Die großen Unterhaltungsorchester eines Marek Weber, Theo Mackeben, Franz Grothe oder Hans Bund, die berühmtesten Musiker wie Kreisler oder Schnabel, begnadete Sänger wie Tauber und Gigli kamen so direkt in die Wohnzimmer der Berliner. Übrigens ist der Funkturm ebensowenig wie die legendäre Autobahn eine Erfindung des Dritten Reiches. Die Pläne lagen längst in der Schublade, der Turm stand schon und der Autobahnbau wurde als Propagandafeldzug mißbraucht.
Bereits 1924 hat der zu seiner Zeit renommierte Architekt, Prof. Heinrich Straumer, die zündende Idee gehabt, den Berlinern mit dem neuen Sendeturm auch etwas „Weltstädtisches“ zu verpassen. Unverkennbar: hier hat der Eiffelturm Pate gestanden. Die vier Stelzen, die Stahlkonstruktion, die Bauform, alles eine Nummer kleiner als beim großen Bruder in der bewunderten Stadt Paris, doch mit seinen stolzen 138m (später 151, heute 146m) war er doch so imposant und weithin sichtbar, daß er zum Wahrzeichen der Stadt wurde und den Berlinern ihr „Langer Lulatsch“ immer einen Sonntagsausflug wert .
Um das muntere Treiben unter dem Funkturm zu dokumentieren, zeigen wir Albert Einstein bei seiner Eröffnungsrede, allerdings zur 7. Funkausstellung im Jahre 1930. Wer genau hinschaut, kann Albert Einstein bei einem Bad in der Menge erahnen, die Nahaufnahme zeigt ihn dann nochmals genauer.
Die Berliner sowie das internationale Publikum staunten nicht schlecht, als sie, nur ein paar Schritte von den Messehallen entfernt, in den Fahrstuhl des Funkturms stiegen und sich nach rasanter Fahrt auf einer luftigen Aussichtsplattform in Höhe von 126m wiederfanden. Der herrlicher Blick über Berlin und weit darüber hinaus war dann sicher für jeden Besucher ein Erlebnis.
Wem die Luft da oben zu dünn wurde, rauschte zurück auf 55m direkt hinein ins Gewühl des neuen Funkturmrestaurants. Bei Kaffe und Kuchen, Bouletten oder einer Weißen mit Schuß hatte man sich viel zu erzählen über die Ereignisses des Tages und natürlich die neueste Attraktion: den Funkturm. Danach ging es dann wieder abwärts; die ganz Mutigen nahmen nicht den Fahrstuhl, die stiegen die eisernen und recht „filigranen“ Stufen des Funkturms hinab – und waren heilfroh, wenn sie endlich und wohlbehalten wieder auf dem Boden der Tatsachen angekommen waren…
Wer den Funkturm heute sieht, denkt nicht an seine Verletzungen, die ihm im Laufe seines Bestehens zugefügt wurden. 1935 wurden durch einen Großbrand in den Messehallen sämtliche Sendeanlagen zerstört, auch das Funkturmrestaurant war nicht mehr zu retten. Zwischen 1939 und 1945 sendete er gar nicht, wurde als Warn- und Beobachtungsposten genutzt. Kurz vor Kriegsende trafen Granaten einen Träger des Turms in 38m Höhe. Die Schäden wurden bald beseitigt, das Funkturmrestaurant 1950 wieder eröffnet. – Der Funkturm dient längst nicht mehr als Sendeturm, andere, leistungsfähigere Anlagen haben diese Funktion übernommen; die letzten Antennen für Funk und Fernsehen wurden 1989 abgebaut; der Turm wurde restauriert und unter Denkamalschutz gestellt, doch ein Wahrzeichen Berlins ist er bis heute geblieben und er gilt – wie eh und je – als Anziehungspunkt, Treffpunkt, Aussichtspunkt, Erinnerungspunkt.
Sieht man ihn von Weitem oder geht an ihm vorbei, sollte man sich erinnern: der Funkturm steht für eine große Zeit in der deutschen Rundfunkgeschichte.
Und die alte FUNKSTUNDE war dabei.
1951 wurde der Sendebetrieb wieder aufgenommen, eine Schmetterlingsantenne, 12m hoch und auf der Turmspitze montiert, ließ den Funkturm auf eine stattliche Höhe von rund 151m anwachsen, und es meldete sich immer lauter eine Stimme zu Wort: „Hier ist RIAS Berlin, eine freie Stimme der freien Welt“.
Inzwischen gab es zwei deutsche Staaten, der kalte Krieg war in vollem Gange, in der „Frontstadt“ Berlin hautnah und jeden Tag zu erleben. Was der Berliner Bevölkerung morgens unter den Nägeln brannte, wurde schon abends in den Sendungen des RIAS kommentiert (u.a.Günther Neumann und seine „Insulaner“). Zwar stand der RIAS, der Rundfunk im Amerikanischen Sektor, unter amerikanischer Trägerschaft, doch die Gestaltung der Sendungen überließ die zuständige Kommission mehr und mehr den dort tätigen deutschen Journalisten.
Neu war vor allem, daß dieses „Sprachrohr Amerikas“ von Beginn an in deutscher Sprache sendete. John Hendrik, einer der populärsten Protagonisten des RIAS, erfüllte seine Aufgabe zu 100 Prozent, er war die ideale Besetzung, um der Bevölkerung die „Werte Amerikas“ nahezubringen. Das gelang ihm nicht durch Propaganda und Parolen, sondern mit Musik und Rhythmus. Mit seinen Sendungen wie „Klingendes Amerika“, dem legendären „Club 18“, oder „Heute so beliebt wie damals“, gewann er auf Anhieb die Herzen von Jung und Alt. Hendrik, Jahrgang 1906, kam als amerikanischer Offizier des State Departements zum RIAS, doch von Geburt her war er ein „Ur“ – Berliner. In den „Goldenen 20ern“ hatte er sich einen Namen als Operettenstar gemacht, mußte jedoch 1933 Deutschland verlassen.
In London, in New York baute er sich eine neue Karriere auf, war als Sänger am Broadway gefragt, als Entertainer und Nachrichtensprecher bei der „Voice of Amerika“ angestellt; sogar Hollywood rief nach ihm. Erst nachdem es ihm gelungen war, die amerikanische Staatsbürgerschaft zu erwerben, konnte er es nach dem Krieg mit seinem Gewissen vereinbaren als Amerikaner für einen amerikanischen Sender auf deutschem Boden zu arbeiten und den „neuen“ Deutschen zu begegnen. Ein Glück für seine Hörer!
Den RIAS gibt es nicht mehr, John Hendrik ist inzwischen verstorben, doch die Musiken der bedeutendsten Interpreten aus den oben genannten RIAS – Sendereihen konnten wir kürzlich für unsere FUNKSTUNDE erwerben.
Aus dem reichhaltigen Fundus der RIAS – Bänder werden wir in Zukunft für unser geplantes Internet – Radio schöpfen, und Ihr werdet es hören: Wir senden das Neueste von gestern.
Monika Wersche