Hermann Hoffmann und die „gelbe Gefahr“
Mein Jugendfreunde-Quartett bestand nur aus angehenden Amateurfunkern, besser gesagt zunächst nur Funkbastlern, denn wir waren noch keine 18 Jahre alt und vorher konnte man diePrüfung bei der Post nicht ablegen. Da alles verjährt ist, hier das Geständnis: Natürlich haben wir kleine Sender gebaut und waren stolz, wenn im näheren Umkreis unser „Programm“ im Radio zu hören war! Doch es drohte immer die „gelbe Gefahr“, das waren die Funkmeß- und Peilwagen der Post. Mindestens einer von uns schob aber am Fenster Wache: Falls so ein „Post“- gelber VW-Bus mit Antennengeweih auf dem Dach auftauchen sollte, ging eine Warnung an alle und dann schnell: Stecker raus! Umso mehr haben wir staunend verfolgt, daß es einem anderen mutigen Funker und Musiker wohl gelungen war, über längere Zeit ein privates Programm zu senden ohne von der gelben Gefahr geortet worden zu sein.
Wir hatten in Hermann Hoffmann (1928-1997) unseren Meister gefunden und ihn gehörig bewundert! Und mit großem Mitgefühl und Bedauern hörten wir dann später vom vorläufigen Ende seines „Senders Zitrone“. Wenige Jahre später machten wir 4 die Amateurfunkprüfung und Schwarzsenden mit einer Art Rundfunkprogramm hatte sich völlig erledigt. Nicht so bei Hermann Hoffmann. Er legte schon damals eine Karriere hin, wie man es in Einzelfällen heute auf einer anderen Basis über das Internet manchmal erlebt. Ein Künstler wird vom Funk oder der Plattenindustrie nicht entdeckt oder direkt abgewiesen, also stellt er in Eigenregie seine Darbietung ins Netz, für Hermann Hoffmann war das damals noch nicht existierende Internet eben sein illegaler Sender. Manchmal haben die neuen Wege, sich in Eigenregie zu präsentieren, Erfolg, die Industrie wird aufmerksam und bietet dem Musiker die große Chance. Bei Hermann Hoffmann war es der (öffentliche) Rundfunk, der die geniale Begabung des Entertainers erkannte und ihm das verdiente Podium bot.
hier das Intro des Senders Zitrone:1962 begann beim WDR seine Sendreihe der „Dachkammer-Musik“, er produzierte über 670 der 15-minütigen Sendungen bis in die 80er Jahre in seinem Studio in Burgdorf bei Celle. Weitere Sendungen waren: „Unterhaltung am Wochenende“ und „Hier Sender Zitrone“. Es lohnt sich für jüngere Hörer der heute oft so läppischen „Comedy“ unbedingt, einmal nachzuhören, was Hoffmann da geleistet hat! Die Musik war selbst komponiert und gespielt, dazu hat er gesungen und seine Texte mit mehreren Stimmen und Dialekten gesprochen! Alles allein in seiner „Dachkammer“ und ohne Computer, nur mit analogen Mehrspurgeräten, u.a. einer Vollmer 8-Spur Maschine (siehe Foto) Außer den genannten Produktionen hat er viele weitere Sendungen gestaltet, alles nachzulesen- und zu hören auf der Website www.sender-zitrone.de.
Dort findet sich die Adresse des Freundeskreises Hermann Hoffmanns Sender Zitrone e.V, der auch den akustischen Nachlaß, soweit möglich, sammelt und sichert.
Zurück zu seinem NDR Pult: Es war für einen „normalen“ Transport in HH’s Dachkammer zu sperrig, also wurde 1977 ein großes Loch in die Außenwand seines Hauses in Burgdorf bei Hannover geschlagen und ein Kran hievte das Pult von außen ins Studio.Bis 1984 blieb es in Betrieb, dann wurde die Wartung der alten Technik für HH zu aufwendig. Er bekam modernere Transistortechnik. Das Haus nochmals aufbrechen wollte er nicht, also wurde das Pult traurigerweise mit der Flex in containertaugliche Stücke zerlegt. An diesem Tage war ich in seiner Dachkammer dabei und musste alles mit ansehen. Aber viele Geräte aus seiner Anlage wanderten in unser Funkstunden-Pult und machen hier weiter Musik, und sogar sein Handbuch mit technischen Unterlagen ziehen wir immer wieder zu Rat. Wir danken Frau Renate Hoffmann und dem Freundeskreis für die Breitstellung von Unterlagen und die Erlaubnis zur Reproduktion.