Tagung der Fernsehtechnischen Gesellschaft (FTG) 1955 in Hamburg
Die 1952 gegründete Fernsehtechnische Gesellschaft traf sich zu ihrer 3. Jahrestagung vom 5.-9. September 1955 in Hamburg. Der Konferenz vorangegangen waren zwei Treffen: 1953 in Bad Königstein und 1954 in Marburg. Der NWDR war der Ausrichter der Veranstaltung und im Studio A des Fernsehhauses in Hamburg-Lokstedt gab es begleitend zur Tagung eine Geräteausstellung mit dem Schwerpunkt technische Entwicklungen des eigenen Hauses. Uns soll hier in erster Linie der tontechnische Teil der Präsentation interessieren.
Ziemlich neu war beispielsweise der leichte Übertragungsverstärker V79 mit 2 mischbaren Mikrofoneingängen, entwickelt von Hans Heinrich Lammers von der NWDR Zentraltechnik. Erst ein Jahr zuvor waren in Europa hergestellte geeignete Germanium Flächentransistoren verfügbar geworden, aber die Tücken der Ur-Germanen wurden mit diesem Gerät erfolgreich besiegt. Auch das ausgestellte Koffer- Reportage-Bandgerät R85a mit Pilottoneinrichtung für bildsynchrone Filmaufnahmen mit z.B. der Filmkamera ARRIFLEX 16 war noch recht jung. Entwickler dieses Gerätes war Karl-Erik Gondesen zusammen mit den Kollegen Stübbe, Cruel und Brose aus der Zentraltechnik. Die Besonderheit des R85 war, daß es elektrischen Bandantrieb hatte, ganz im Gegensatz zu seinem gleichzeitigen „Konkurrenten“ MAIHAK MMK 3 mit fliehkraftgeregeltem Federwerkantrieb.
In seinem Bericht über das R85a schreibt Gondesen, daß er nachdrücklich empfiehlt, daß der Reporter für die richtige Bedienung und Einstellung des Bandgerätes zum Erreichen einer hohen Qualität der Aufnahme einen Techniker hinzuziehen sollte. Das haben wohl die rasenden Reporter der Neuzeit mit ihren rauschenden und scheppernden Kassettenrecordern, den sie irgendwelchen Promis unter die Nase halten, nicht gelesen … Aber Rundfunk war ja auch gestern!
Auf weitere Besonderheiten weise ich in den Bildunterschriften hin. Auf einem Foto ist neben dem ganz frisch entwickelten Lautsprecherschrank O 84 mit der berühmten Hochtonkugel (später von TONOGRAPHIE in Serie gebaut) eine historische Rarität zu sehen: einer der Vorgänger des O 84, ein Regielautsprecher O 3 der Reichsrundfunkgesellschaft aus dem Jahre 1939.