Dagegen ist alles wie Gasbeleuchtung…
analog – digital
„Auf, Künstler! Neue Ziele in neuen Richtungen winken, laßt uns neue Krücken ergreifen, ihnen engegenzuhumpeln!“ Diese Tagebuchnotiz aus den 30/40er Jahren entstammt dem 1952 erschienenen ersten Buch „Die unteilbare Musik“ meines hochverehrten Musikerkollegen Alois Melichar. In welch erhöhtem Maße aktuell dieser kurze Eintrag während der Zeit seither werden sollte, das konnte sich wohl selbst ein so mit seiner Sache vertrauter und weitsichtiger Künstler nicht vorstellen.
Zu unserem Thema: Das technisch – mathematische Wissen von Gottfried Wilhelm Leibnitz bis zu Konrad Zuse, zusammengefaßt um die Mitte des vergangenen Jahrhunderts, ermöglichte den ersten programmierbaren Rechner. Genau um diese Zeit führte dann die Erfindung des Transistors zu Rechenmaschinen mit schnell wachsender Leistung bei reziprok abnehmender Gerätegröße. Aber seit der Zeit des Hannoveraner Denkers bis in unsere Tage blieben diese Maschinen ein anorganisches Instrument, etwas anderes erscheint systembedingt auch nicht vorstellbar.
„Wer einen Hammer hat, sieht lauter Nägel“. Überwältigt von Fortschrittswahn und -euphorie erging es wohl den Söldnern der Sony-Philips usw. so wie dem Heimwerker mit dem besagten Schlagwerkzeug – ALLES muß jetzt in 0 und 1 zerlegt werden! Ein „denkender“ Kühlschrank, der selbst feststellt, daß 0 Biere in ihm stehen und 1 daher bestellt werden muß, ist ja vielleicht mit etwas Gewalt als „Fortschritt“ und die ideale Anwendung der Digitaltechnik anzuerkennen. Die Informationen des Internets sind auch nur mit 0 und 1 zu transportieren und die die Berechnung des Kurses einer Mondrakete mag mit Papier und Bleistift etwas zu lange dauern. Buchhaltung und Statistik sind mit den beiden Zahlen ebenfalls bequem zu erstellen. Die immer näher an Orwellsche Verhältnisse heranreichende Totalkontrolle unseres Lebens ist jetzt auch so viel leichter …
Wunder organischer Formen
Wie konnte man aber auf die Idee kommen, sich einer unendlich komplexen organischen Form wie der menschlichen Stimme oder dem Klang einer kleinen Holzkiste aus 2 Brettchen, ein paar Zargen und 4 Katzendarm-Saiten aus der Hand eines Antonio Stradivari mit 0 und 1 zu bemächtigen? Wissen Elektriker überhaupt etwas von den Wundern organischer Formen? Die gewaltsame Markteinführung des „perfekten Silberlings“ CD in den 80er Jahren erfolgte dann auch nicht mit der theoretischen Erkenntnissen folgenden besten Digitalisierung der Musik, sondern die Technik wurde bestimmt von der Größe der maximal in einen wohnzimmertauglichen metallicfarbenen Staubfänger einzupackenden Transistoren und integrierten Schaltungen. Auf der damaligen Funkausstellung versteckte man z.T. noch diskret den zu großen Rechner der CD-Technik. Aber die gewaltige Reklamemaschine der internationalen Industrie walzte sämtliche Bedenken und kritischen Einwendungen nieder – welche an vorsätzliche Verdummung grenzende Argumente wurden uns „eingehämmert“! Ich erinnere mich an eine Werksbesichtigung in Hannover bei dem damals wohl größten deutschen Hersteller von CD’s, allen ernstes trug uns der Profi als Grund für den von uns als scheußlich empfundenen Klang der neuen Technik vor, bisher hätten wir vergleichsweise wie mit einer Sonnenbrille gehört und nun wäre uns die Sehbeeinträchtigung abgesetzt worden … welche (Ver)blendung! Und Zweifel am Prinzip wurden auch gerne mit dem Hinweis auf Herrn Shannon und seine Abtasttheorie zerstreut, daß er dabei gerne falsch zitiert wurde, DAS merkte ja kaum jemand … Zum unüberhörbarsten Reklame – Paukenschlag aber holte dann Herbert von Karajan aus – das Foto der damaligen Pressekonferenz ist mir noch lebhaft in Erinnerung. Der teure Taktschläger sagte brav sein Sprüchlein von der Digitaltechnik auf, gegen die alles bisherige wie Gasbeleuchtung sei! Der neben ihm sitzende Sony – Chef Morita konnte seine tiefe Zufriedenheit nicht verbergen. Ob Herr Karajan mit den internen technischen Fragen der Tontechnik, speziell dann auch mit der digitalen Technik, wirklich vertraut war, kann ich nicht sagen. Aber sicher ist, daß er viel von Musik und dem großen Geschäft mit ihr verstand!
Original – Abbildung – Beschreibung
Hugh, die Fachleute für Musik und Profit hatten gespochen – und nun gings richtig los. Die LP, bis eben noch „vollendeter Musikgenuß“, stand weiteren großen Geschäften plötzlich im Wege frei nach dem Motto: Genug der Gaslaternen, neue Erleuchtung braucht die Welt! Das gängige Repertoire der Klassik lag in vielen oder oftmals ZU vielen (Jahreszeiten, Beethoven 5. usw.) Aufnahmen vor. Allein der Starkult sorgte noch für einen gewissen Fortbestand der Branche. Was also tun für neue Umsätze? Der Versuch mit der Quadrofonie scheiterte schon am üblichen Systemchaos der Industrie und dann am hohen Aufwand bei den häuslichen Anlagen.
Da kam die Rechnertechnik wie gerufen! Gleichgültig, wie unsinnig deren Anwendung zur Aufzeichnung von Musik war und ist: endlich gab es vorschiebbare Gründe, die gesamte Musikgeschichte neu aufzunehemen und dem systematisch verdummten Kunden zu verkaufen.
Das machte zunächst „Verbraucheraufklärung“ erforderlich, wie das heute heißt. Ihre über Jahrzehnte wohlgehüteten Geheimnisse, betreffend die schwarze Scheibe, gaben die Hersteller jetzt endlich preis: Die LP hätte böse Zusatzstoffe wie Rauschen, Klirren, Jaulen, Knacksen. Aber keine Sorge, der schlechten Nachricht folgte gleich die gute: Diese bösen Fehler wären beim neuen Silberling – die Rede ist von der CD – endlich behoben (an späterer Stelle sehen wir uns diese „Fehler“ allerdings noch genauer an).
Doch wieder vergaßen die Macher etwas bei ihrer Aufklärung: Die einfache Information, daß der Musikfreund jetzt keine Abbildung eines Werkes mehr nach Hause trug, sondern nur die unvollständige BESCHREIBUNG einer Abbildung! Wer würde eine in tausende Teile zersplitterte und anschließend zusammengeklebte Ming-Vase kaufen? Niemand, denn sie wäre wertlos. Das Flickwerk taugt allenfalls noch als unzureichende Beschreibung des verloren gegangenen Kunstwerks. Der Betrachter kann traurig versuchen, sich die ehemalige Schönheit vorzustellen – und genau das verlangt man von unzählbaren CD-Käufern, die nur Puzzleteile erwerben. Und das keinesfalls für Kleingeld, sondern zum Preis einer vollständigen Sache! So erging es auch Goethes Erlköning: „…erreicht den Hof mit Müh und Not, in seinen Armen das Kind war tot“.
Sehen wir uns nun ein paar der Argumente pro und contra digital/CD im Bereich Musikaufnahme etwas näher an. Zuvor stelle ich für alle meine diesbezüglichen Darlegungen aber klar, daß ich kein Physiker/Mathematiker bin, sondern ein Musiker mit einigen technischen Kenntnissen. Ich spreche nur über persönliche Gedanken, Gefühle und Hörerfahrungen in diesem Bereich. Zur Sprache kommen hier aussschließlich die vordergründigen Erscheinungen der analogen und digitalen Technik. Ich gehe nicht auf technische Details der 2. Reihe ein.
Argument: Band und Platte rauschen!
Das stärkste Rauschen kam zunächst aus dem Blätterwald. Jahrelang wurde diskutiert über dB’s, Bandrauschen, Quantisierungsrauschen, headroom usw. Das soll hier nicht wiederholt werden, die Fakten sind inzwischen bekannt und überall in der Literatur nachzulesen. Diese Erörterungen gehen ja auch an den wesentlichen Dingen, die uns hier beschäftigen und berühren, völlig vorbei. Mit Daten sollte suggeriert werden, daß die Qualität einer Musikaufnahme von diesem Grundgeräusch entscheidend mitbestimmt wird, d.h., mit dessen Verminderung zunehme.
Ohne hier technischem Rückschritt zum Trichter oder mangelhaften Bändern das Wort reden zu wollen (es gab eine fabelhafte Entwicklung von Edison zur Telefunken M10!); auf unserem Feld, wo sich die Technik mit den Wirklichkeit werdenden Äußerungen der menschlichen Seele und ihren Empfindungen trifft, ist die Summe von beidem, den technischen Parametern und der künstlerischen Leistung, anders zu bewerten.
Eine einfache Erlebnissituation macht schlagartig klar, was ich meine:
Wenn Heinrich George im „Postmeister“ tanzt, dann rauscht, knackst und klirrt es, das Bild regnet, aber beeinträchtigt das im Geringsten unsere Ergriffenheit bis zum Tränenrand in den Augen?
Was kann eine Abbildung einer künstlerischen Leistung mehr leisten, als uns vollständig bis zu den möglichen Grenzen zu bewegen? Wäre beim Postmeister mit weniger Rauschen ein noch größeres Taschentuch nötig?
Und nicht anders ist es mit der Stereo-Aufnahme der Reichsrundfunkgesellschaft des letzten Satzes der 8. Sinfonie von Anton Bruckner von 1943, ebenso mit Enrico Caruso und Mischa Elman in Massenets Elegie von Anfang des Jahrhunderts oder Fritz Kreisler von 1936 und Eduard Erdmann von 1950! Unser entscheidendes inneres Ohr ist kein Meßmikrofon, es kann viel mehr, da es Teil eines organischen Systems des Schauens und Erlebens ist. Dabei blendet unsere gesamtheitliche Wahrnehmung so etwas Nebensächliches wie ein geringes Grundgeräusch unbemerkt sofort aus, wenn denn die „höheren“ Sinne ausgefüllt sind. Der höchste theoretisch erreichbare Wert der technischen Dynamik eines Aufnahmesystems ist zudem durch das meist darüberliegende Grundgeräusch vieler Aufnahmestudios oder Konzertsäle ohne praktische Bedeutung. (Die abgebildete RRG Stereo Bandmaschine ist kurz nach dem Kriege „nachempfunden“ mit Laufwerk und Verstärkern der RRG-Zeit, die originale Stereomaschine der Aufnahmen von 1943 hatte aber einen speziellen Stereoverstärker, der das Problem der HF-Synchronisation gelöst hat)
Noch einmal: Ich beabsichtige nicht, das Rauschen als edle Zutat zu Aufnahmen zu verklären, aber es ist das kleinere Übel gegenüber einer Tonaufzeichnung ohne Leben, Umittelbarkeit und atmendem Raum. Übrigens: Die etwas Älteren unter uns verbinden mit dem Einsatz eines kleinen Grundgeräusches so etwas wie die Ankündigung: Jetzt passiert etwas Besonderes! Denn wenn es im Kino aus der Richtung der Leinwand zu rauschen begann, dann … Viele erinnern sich vielleicht an diesen Spannungsmoment, der auch eine angenehme Aufregung stimulierte. Und warum wohl wird bis heute in fast allen Spielfilmen, wenn es am Kamin gefühlig wird, eine Nadel auf eine schwarze Scheibe geführt – und nicht ein glitzernder Silberling voller Bits in eine Schublade gelegt?
Weiteres Argument: Klirren und Tonhöhen – Schwankungen
Ja, es läßt sich nicht verheimlichen, daß die mechanische Aufzeichnung eines vollständigen organischen Klanges (Edisons Weltwunder-Erfindung) oder auch dessen Speicherung auf Magnetband (nicht weniger genial!) unaufhörlich von irdischen Lasten bedroht ist. Ganz entfernt könnte man an ein Bild einer schwebenden Tänzerin auf einem Seidenfaden denken. Der immaterielle „Gegenstand“, den die analoge Technik verarbeitet, speichert, bewegt, ist eine Höchstleistung des Menschen, die sich aus unzähligen Entwicklungslinien zusammensetzt und in ihrer Gesamt-Komplexität unüberschaubar bleibt. Da scheint fast jedes irdene Werkzeug, welches mit unserem Gegenstand in Berührung kommt, zu grob. Nur die ausgefeiltesten Apparate sind gerade ausreichende Medien. In den Besten ihrer Art steckt soviel technisch-wissenschaftliche Leistung und Können, daß man sie nicht weit von den Leistungen z.B. eines Instrumentenbauers ansiedeln kann.
Das machte sich die Musikindustrie zunutze: Da Plattenspieler wie „Mister Hit“, das Heimtonbandgerät oder die gutbürgerliche Musiktruhe zu keiner Zeit imstande waren, das wiederzugeben, was in professionellen Bändern oder den Platten steckt, traf es auf den ersten Blick zu, daß die CD weniger rauschte, klirrte, knackste oder jaulte. Was man sich aber dafür einhandelte, haben wir schon herausgefunden. Es ist zusammengefaßt wie der Vergleich von Äpfeln und Birnen. Wie später noch im Zusammenhang mit weiteren Argumenten analog/digital zu erörtern sein wird, ist aus dem Gesagten schon zu ersehen, daß die klanglichen Trauben unverändert sehr hoch hängen, einen billigen, „geizigen“ Weg zu den Früchten gibt es nicht. Bestimmte Höchstleistungen lassen sich, allen Reklame-Tsunamis zum Trotz, bisher, und das wird wohl so bleiben, nicht sozialisieren.
Muß ich hier erwähnen, daß bei unseren Betrachtungen völlig unsinnige „Formate“ wie DAB, MP3 usw. die nur rein wirtschaftlichen Hintergrund haben, kein erstzunehmender Mitspieler sind?
Wenden wir uns wieder der digitalen Aufnahmetechnik zu: Großer Jubel, heissa, jetzt sind endlich verlustfreie Kopien von Aufnahmen möglich! Schon wieder falsch, das trifft durchaus nicht in allen Fällen zu, in etlichen Situationen der digitalen Kette schreitet die Fehlerkorrektur zur Tat und steuert eigene Kalkulationen bei – aber selbst wenn das nicht der Fall wäre, DER Verlust ist marginal gegenüber dem, was beim digitalen Original schon VOR der ersten Kopie verloren ist – das Leben.
Pyrrhussieg der Technik
Wem würde das ständige weitere Auffüllen seiner Zisterne nützen, wenn es sich dabei um destilliertes Wasser handelte und die Medizin uns sagt, daß dessen Trinkgenuß binnen 3 Wochen tödlich ist? Was für ein Pyrrhussieg der Technik, von toten einzeln aufeinanderfolgenden Zahlengruppen Kopien herstellen zu können! Seit Jahrtausenden in der Menschheitsgeschichte gibt es von den hohen Leistungen der Kunst immer nur einmalige Originale, sei es in der bildenden Kunst oder in der Musik, die einmalig an einem Ort in der Zeit entsteht und verklingt.
Nochmals: Originale große Kunst läßt sich nicht sozialisieren. Aber seit Urzeiten stand und steht es jedem Suchenden frei, sich auf den Pilgerweg zu machen zu den Meisterwerken, ins Konzert, zu Bildern, Bauwerken, all diesen Leuchttürmen der menschlichen Kreativität. Und einen Widerschein von deren Licht haben uns Edison, Daguerre, und das Magnetband seit der K1 ins Haus geholt. Gleichgültig, welche Plakate die Musikindustrie und der seit der denkwürdigen Sylvesternacht 1993 voll kommerzialisierte Rundfunk vor sich hertragen – es sind keine Kulturpflegeinstitute, sondern Geschäftsunternehmen. Hat ein gewisser Rembrandt van Rijn etwa Pech gehabt, daß ihm die Technik seiner Lebenszeit „nur“ Leinwand, Pinsel und Ölfarben gab? Damit hat er bedauerlicherweise nur EINE Nachtwache geschafft – wie gerne hätte er das Bildchen in der großen Linie Fluß aus Bits und Bites zusammengehackt und diese früh-niederländische Burger-Frikadelle mindestens mal für die ersten 10 zahlenden Kunden „ausgedruckt“!! Nicht zu denken an die phantastische Möglichkeit, verlustfreie Kopien für die vielen Schlafstuben zu klonen, in denen der röhrende Hirsch etwas langweilig geworden ist! Und die aufwendige Reise nach Amsterdam könnte man sich obendrein noch sparen …
Das alles ist kein Ausweis für irgendeine Art von elitärem Denken, ich sehe es als Beweis für die Einzigartigkeit von hohen künstlerischen Leistungen, daß sie nicht nach Belieben auf Abruf zum „Runterladen“ zur Verfügung stehen. Vielleicht wünscht (allerdings erfolglos) ein Zeitgeist so etwas, der widerwärtigste Songs wie „I know what i want, and i want it now“ hat hochkommen lassen …
Zurück zu analog/digital: Aufs Ganze gesehen ist der Zug (des Geldes) abgefahren ? dem wirklich Interessierten bleiben noch für einen begrenzten Zeitraum einige wenige Möglichkeiten, sich eine Insel des technischen Wohlklangs zu schaffen. Aber, ohne intensive theoretische und praktische Beschäftigung / Einarbeitung ist das Ziel kaum zu erreichen. Hoher finanzieller Einsatz kommt noch unvermeidbar dazu. Aber es gibt sie noch, die (EMT) Plattenspieler, Tonabnehmer, (Röhren) Verstärker, Lautsprecher, Telefunken M10, Nagras und neuerdings, wie man hört, auch wieder Bänder aus Holland dazu sowie analoge LP’s.
Digitales Formfleisch
Beim Pizzabäcker um die Ecke wie beim feinen Italiener steht sie auf der Karte: Pizza Prosciutto … hmmmmm … Aber da ist bei der Aufzählung der köstlichen Beläge neben dem Wort Schinken ein kleiner Stern*, der aufs (sehr) Kleingedruckte unten am Ende der Liste verweist. „Vorderschinken“ kann man dann als Erklärung lesen. Wer weiß schon, was genau das ist – aber ok, Hunger, her mit dem Teigfladen und buon appetito!
„Vorderschinken“ kommt einem eigentlich etwas fremd vor, fragen wir also genauer, was das ist. Schnell sind wir auf der Seite des VIS, des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz. Unsere Ahnung lag nicht falsch, es sind Schinkenimitate, bestenfalls eine Masse aus zusammengepressten Fleischstücken, es können aber auch zerschredderte kleinste Fleischfasern sein, irgendwie zusammengepappt. Mein böser Verdacht: Da könnten ja auch Fleischabfälle … Man erfährt auch, daß die entstandene Masse um 50% Fleisch enthält, Tendenz im Laufe der Jahre sinkend, TOLL! Damit alles nicht so schlimm klingt, versteckt die Behörde die unappetitlichen Fakten teilweise hinter einem Fremdwort, das wohl kaum jemand sofort deuten kann: Ein ALIUD sei der Fleischkram, der oft gemäß den Vorschriften als „Brühwurstartiges Erzeugnis“ bezeichnet werden müßte. Mit „Falschlieferung“ übersetzt der Jurist das schöne Fremdwort ALIUD. Mit einfachen Alltagsausdrücken, um die Eiweißpampe zu beschreiben, halten sich die Bürokraten zurück. Allzusehr möchte man dem Umsatz wohl auch nicht schaden. Aber allein die Beschreibung des Produktionsganges steigert bei mir jedenfalls die Vorfreude auf den „Genuss“ nicht.
Warum die Erörterung von Fragen zu einer unserer Lieblingsspeisen – unser Thema ist doch der digitale Tonträger! Die Antwort muß ich nicht geben, Musik vom Rechner schmeckt mir wie digitales Formfleisch (und ist mir genauso unappetitlich). Zusammengemurkste Tonfasern statt des ganzen organischen Tones! Aber kein Sternchen auf der CD-Hülle weist auf den klanglichen Vorderschinken hin. Das, was ich als ALIUD ansehe, wird ohne Fußnote verkauft – für die Nahrung unserer Seele über das Gehör fühlt sich keine Behörde zuständig, sie wäre damit auch überfordert. Überlassen wir den Paragraphenreitern den Schutz des Magens, um unsere Ohren kümmern wir uns selbst. Legen wir also eine saftige ganze Scheibe auf den (Platten)teller!