Liebe Freunde der FUNKSTUNDE!
Baustelle mit Turm und Hilfsturm 1925
Auf unserem Titelblatt seht Ihr den bekannten Berliner Funkturm und gleichzeitigen Leuchtturm in der deutschen Rundfunkgeschichte. Ja, auch die wunderbaren Sendungen der damaligen FUNKSTUNDE wurden ab 1925 auf der Mittelwellenfrequenz 520,8 KHz übertragen, und zwar mittels eines 80m hohen Hilfsturms, von dem aus eine Antenne zur Spitze des Funkturms gespannt wurde. Auf unserem Foto kann man Funkturm und Hilfsturm gut erkennen.
Die großen Unterhaltungsorchester eines Marek Weber, Theo Mackeben, Franz Grothe oder Hans Bund, die berühmtesten Musiker wie Kreisler oder Schnabel, begnadete Sänger wie Tauber und Gigli kamen so direkt in die Wohnzimmer der Berliner. Übrigens ist der Funkturm ebensowenig wie die legendäre Autobahn eine Erfindung des Dritten Reiches. Die Pläne lagen längst in der Schublade, der Turm stand schon und der Autobahnbau wurde als Propagandafeldzug mißbraucht.
Bereits 1924 hat der zu seiner Zeit renommierte Architekt, Prof. Heinrich Straumer, die zündende Idee gehabt, den Berlinern mit dem neuen Sendeturm auch etwas „Weltstädtisches“ zu verpassen. Unverkennbar: hier hat der Eiffelturm Pate gestanden. Die vier Stelzen, die Stahlkonstruktion, die Bauform, alles eine Nummer kleiner als beim großen Bruder in der bewunderten Stadt Paris, doch mit seinen stolzen 138m (später 151, heute 146m) war er doch so imposant und weithin sichtbar, daß er zum Wahrzeichen der Stadt wurde und den Berlinern ihr „Langer Lulatsch“ immer einen Sonntagsausflug wert .
Um das muntere Treiben unter dem Funkturm zu dokumentieren, zeigen wir Albert Einstein bei seiner Eröffnungsrede, allerdings zur 7. Funkausstellung im Jahre 1930. Wer genau hinschaut, kann Albert Einstein bei einem Bad in der Menge erahnen, die Nahaufnahme zeigt ihn dann nochmals genauer.
Die Berliner sowie das internationale Publikum staunten nicht schlecht, als sie, nur ein paar Schritte von den Messehallen entfernt, in den Fahrstuhl des Funkturms stiegen und sich nach rasanter Fahrt auf einer luftigen Aussichtsplattform in Höhe von 126m wiederfanden. Der herrlicher Blick über Berlin und weit darüber hinaus war dann sicher für jeden Besucher ein Erlebnis.
Wem die Luft da oben zu dünn wurde, rauschte zurück auf 55m direkt hinein ins Gewühl des neuen Funkturmrestaurants. Bei Kaffe und Kuchen, Bouletten oder einer Weißen mit Schuß hatte man sich viel zu erzählen über die Ereignisses des Tages und natürlich die neueste Attraktion: den Funkturm. Danach ging es dann wieder abwärts; die ganz Mutigen nahmen nicht den Fahrstuhl, die stiegen die eisernen und recht „filigranen“ Stufen des Funkturms hinab – und waren heilfroh, wenn sie endlich und wohlbehalten wieder auf dem Boden der Tatsachen angekommen waren…
Wer den Funkturm heute sieht, denkt nicht an seine Verletzungen, die ihm im Laufe seines Bestehens zugefügt wurden. 1935 wurden durch einen Großbrand in den Messehallen sämtliche Sendeanlagen zerstört, auch das Funkturmrestaurant war nicht mehr zu retten. Zwischen 1939 und 1945 sendete er gar nicht, wurde als Warn- und Beobachtungsposten genutzt. Kurz vor Kriegsende trafen Granaten einen Träger des Turms in 38m Höhe. Die Schäden wurden bald beseitigt, das Funkturmrestaurant 1950 wieder eröffnet. – Der Funkturm dient längst nicht mehr als Sendeturm, andere, leistungsfähigere Anlagen haben diese Funktion übernommen; die letzten Antennen für Funk und Fernsehen wurden 1989 abgebaut; der Turm wurde restauriert und unter Denkamalschutz gestellt, doch ein Wahrzeichen Berlins ist er bis heute geblieben und er gilt – wie eh und je – als Anziehungspunkt, Treffpunkt, Aussichtspunkt, Erinnerungspunkt.
Sieht man ihn von Weitem oder geht an ihm vorbei, sollte man sich erinnern: der Funkturm steht für eine große Zeit in der deutschen Rundfunkgeschichte.
Und die alte FUNKSTUNDE war dabei.
1951 wurde der Sendebetrieb wieder aufgenommen, eine Schmetterlingsantenne, 12m hoch und auf der Turmspitze montiert, ließ den Funkturm auf eine stattliche Höhe von rund 151m anwachsen, und es meldete sich immer lauter eine Stimme zu Wort: „Hier ist RIAS Berlin, eine freie Stimme der freien Welt“.
Inzwischen gab es zwei deutsche Staaten, der kalte Krieg war in vollem Gange, in der „Frontstadt“ Berlin hautnah und jeden Tag zu erleben. Was der Berliner Bevölkerung morgens unter den Nägeln brannte, wurde schon abends in den Sendungen des RIAS kommentiert (u.a.Günther Neumann und seine „Insulaner“). Zwar stand der RIAS, der Rundfunk im Amerikanischen Sektor, unter amerikanischer Trägerschaft, doch die Gestaltung der Sendungen überließ die zuständige Kommission mehr und mehr den dort tätigen deutschen Journalisten.
Neu war vor allem, daß dieses „Sprachrohr Amerikas“ von Beginn an in deutscher Sprache sendete. John Hendrik, einer der populärsten Protagonisten des RIAS, erfüllte seine Aufgabe zu 100 Prozent, er war die ideale Besetzung, um der Bevölkerung die „Werte Amerikas“ nahezubringen. Das gelang ihm nicht durch Propaganda und Parolen, sondern mit Musik und Rhythmus. Mit seinen Sendungen wie „Klingendes Amerika“, dem legendären „Club 18“, oder „Heute so beliebt wie damals“, gewann er auf Anhieb die Herzen von Jung und Alt. Hendrik, Jahrgang 1906, kam als amerikanischer Offizier des State Departements zum RIAS, doch von Geburt her war er ein „Ur“ – Berliner. In den „Goldenen 20ern“ hatte er sich einen Namen als Operettenstar gemacht, mußte jedoch 1933 Deutschland verlassen.
In London, in New York baute er sich eine neue Karriere auf, war als Sänger am Broadway gefragt, als Entertainer und Nachrichtensprecher bei der „Voice of Amerika“ angestellt; sogar Hollywood rief nach ihm. Erst nachdem es ihm gelungen war, die amerikanische Staatsbürgerschaft zu erwerben, konnte er es nach dem Krieg mit seinem Gewissen vereinbaren als Amerikaner für einen amerikanischen Sender auf deutschem Boden zu arbeiten und den „neuen“ Deutschen zu begegnen. Ein Glück für seine Hörer!
Den RIAS gibt es nicht mehr, John Hendrik ist inzwischen verstorben, doch die Musiken der bedeutendsten Interpreten aus den oben genannten RIAS – Sendereihen konnten wir kürzlich für unsere FUNKSTUNDE erwerben.
Aus dem reichhaltigen Fundus der RIAS – Bänder werden wir in Zukunft für unser geplantes Internet – Radio schöpfen, und Ihr werdet es hören: Wir senden das Neueste von gestern.
Monika Wersche
Das sinnloseste und das dringendste Klavier
So um 350 mal kam vor über 20 Jahren amerikanischer „Kult“ über unsere Antennen ins Haus—-DALLAS! Die ersten Buchstaben von „Kult“ könnten eine Gedankenbrücke zu „Kult-ur“ anregen, aber die flimmernden Bilder bewiesen, dass „Kult“ und „ur“ hier ein Gegensatzpaar waren, 350 x Film-und Lebensersatzstoffe, 350 Placebos aus Öl, Intrigen, Gewalt, genauer Geld, Geld, Geld… Ich gestehe: Ein paar der Folgen habe ich gesehen: Die lange grüne Auffahrt zur Southfolk Ranch, das Haus, das Wohnzimmer, und darin… der( warum??) aus dem Requisitenfundus der Filmgesellschaft herangeschleppte Flügel. Rätselhaft:
Wer aus der Öl-Familie Mustermann brauchte das Instrument oder spielte je einen Ton darauf? Vielleicht ließ ja J.R. regelmäßig Beethovens „Wut über den verlorenen Groschen“ durch das Herrenhaus dröhnen? Also, das Instrument , nach wörtlicher Formulierung eines deutschen Finanzamtes ein „Auststattungsgegenstand der Wohnung gehobener Kreise“, ist wohl kaum irgendwo sinnloser vorstellbar als in der Umgebung garantiert kultur- keimfreier Menschen wie den Ewings!
Springen wir von Texas nach Penzing bei Landsberg/Lech in die Leinwebergasse 3: Ein altes Haus ohne Auffahrt, nur ein paar Liter Öl im Tank für die Heizung, eine Bohrung nach mehr würde hier nur Lehm und Steine zutage fördern, aber die Bewohner sind meistens keine Fieslinge und können das Wort Musikkultur wenigstens buchstabieren. Und hier fehlt er, der Flügel von J.R.!
Konkret: Wir suchen einen guten Flügel von Steinway oder Bösendorfer ab 2,10 m aufwärts.
Frage: Wer hat einen solchen abzugeben oder weiß jemanden, der einen abgeben würde? Sobald wie möglich möchten wir im Haus der Funkstunde mit Kammerkonzerten beginnen. Die heutigen Neupreise derartiger Instrumente sind aber für uns nicht zu leisten. Auch eine längerfristige Ausleihe/Vermietung wäre eine große Hilfe. Statt J.R. spielt hier Enikö Bors ein paar Takte Haydn. In der nächste Zeitung stellen wir sie ausführlich vor.
NUR EINS KAM DURCH…….
Nach Erscheinen unserer ersten Funkstunden Zeitung kamen etliche Fragen nach technischen Details und weiteren Fotos unserer Regieanlage. Hier also etwas zur Geschichte der Anlage und die wesentlichen technischen Angaben.
Die Bauzeichnungen tragen das Datum 1966, wann genau die Inbetriebnahme war, läßt sich kaum noch feststellen. Hersteller der gesamten Mechanik war vermutlich die leider nicht mehr existierende Firma ENB in Berlin. Es wurden genau 2 gleiche Pulte für den NDR gebaut, eines für das Studio 10 an der Hamburger Oberstraße, der ehemaligen Synagoge, seit Jahrzehnten Heimat des Sinfonieorchesters des NDR. Und das 2. Exemplar stand in der Regie des Studio 1 an der Rothenbaumchaussee, dem ältesten in Deutschland im Originalzustand erhaltenen Rundfunkstudio. Genau dieses Prachtstück steht bei uns in der Funkstunde! Das Pult aus Studio 10 wurde m.W. verschrottet…..in der Phase der aufkommenden Digitaltechnik verlor das Alte in allgemeiner Einschätzung plötzlich jeden Wert, aber wir kannten aus den Tätigkeiten beim NDR die uneingeholten Qualitäten der analogen Röhrentechnik. Und daß die „digitale Revolution“ wohl nur aus kommerziellen Gründen hochgejubelt wurde, machten sehr schnell schon die ersten Hörproben klar……
Ausgerüstet ist die Anlage nur mit dem Besten der Zeit, also den berühmten Verstärkern Tonographie V76 (26 Stück), V72a, V74, V75, U73b; Maihak und Siemens V72, V72b, V77, V78; Reglern und Filtern von Maihak und Eckmiller W66c, W87, HV55, HS10/TS10, NF11 und als einzige Neuerung, da die alten W95c wirklich nicht sehr viel taugen, Tonographie W395b und Lawo W995. Dazu Basisbreitenregler und H/T Filter von Danner. Hall macht u.a. eine EMT Hallplatte 140st mit Röhrenverstärker, die Vorverzögerung dazu ein Bandschleifengerät von Amandus Keller.
Alle wesentlichen Daten hier zusammengefaßt:
Eingänge: 16 Mono, 4 Stereo
Ausgänge: 5 Summen, 5 Gruppen
Richtung-Basis: 4 Ela E 130a, 16 Pan-Pots.
Schallaufzeichnug: 5 Gruppen, 8 Spur Y
Abhören: 2 Telefunken O85a mit V69a
Anzeigen: 2 Stereo Lichtzeiger, Neumann Korrelator
Einspielen: Alle Punkte wie Abhören.
Es würde zu weit führen, hier alle weiteren Möglichkeiten vollständig aufzulisten.
Als heute unverzichtbare Anpassung an die digitale Umwelt kam ohne jeden Eingriff in den Originalzustand des Pultes eine digitale „Schnittstelle“ für das Raus und Rein in die schöne neue Welt hinzu, ebenso moderne digitale Hall-und Effektgeräte. Der bauliche Teil des historischen Studios der Funkstunde, ganz besonders bezüglich des Akustik-Ausbaues, wurde komplett vom Institut für Rundfunktechnik der ARD in München geplant.
Im Bestand der Funkstunde befinden sich einige Bänder mit Aufnahmen, die mit unserem Pult noch im Hamburger Studio 1 gemacht worden sind. Und diese Aufnahmen können hier bei uns unter absolut gleichen technischen und akustischen Bedingungen abgehört werden. Bei unserem Funkstunden-Freund Ralph Orlowski aus Frankfurt bedanken wir uns für die Überlassung der Fotos vom Studio, die er beim letzten Sommerfest gemacht hat.
Erinnerungen an Menton
Wer kann schon in seinen künstlerischen Lebenslauf schreiben, Enkelschülerin des großen Emanuel Feuermann zu sein.
Sie kann: Die Hamburgerin Gerda Angermann. Und zwar über ihren Lehrer Heinrich Schüchner, ehemaliger Solocellist des NDR-Sinfonieorchesters. Dazu kam in ihr Studienbuch ein weiterer großer Name: Enrico Mainardi… und mit dieser Ausrüstung startete sie ihren eigenen Weg als erfolgreiche Musikerin. Eine Station war dann die Position der Solocellistin des Kieler Philharmonischen Orchesters. (Wieder)-Entdeckungsfreude in der Kammermusik kam hinzu, so spielte sie solo oder mit verschieden Ensembles die viel zu selten aufgeführten Werke von Reger, Hindemith, Kodaly, u.a. Bei der großen solistischen Literatur ist neben den „gängigen“ Stücken besonders auch ihr Einsatz für die Werke von Pfitzner, Volkmann, Korngold, Casella…..hoch einzuschätzen. Ich selbst spielte zum Eröffnungskonzert des Saalbaues in Witten das Brahms-Doppelkonzert mit ihr.
Eine lange Liste an Erfolgen wäre noch anzufügen, aber hier soll es um eine besonders runde aktuelle kleine Geschichte gehen: Kürzlich kam Gerda Angermann zu uns in die Funkstunde zu einer Aufnahme, auf dem Notenpult: „Images de Menton“, ein Werk des zu früh verstorbenen Cellokollegen Siegfried Barchet. Und mit diesem 6-sätzigen Kabinettstück sind für alle Beteiligten viele gemeinsame Erinnerungen verbunden: Siegfried Barchet war der Solocellist des Stuttgarter Kammerorchesters mit seinem Dirigenten und Gründer Karl Münchinger. Der „Spiegel“ erfand die schöne Bezeichnung „Schwabenstreicher“ für das Orchester in einem Bericht über unsere Reisen ans Mittelmeer. Mit mir in der Geigengruppe des Orchesters spielte Karl Henke, Gerda Angermann wurde seine Frau und war natürlich mit in unseren Freundeskreis aufgenommen. Siegfried „Sissi“ Barchet entsprach dem heute nur noch selten anzutreffenden Ideal eines universellen Musikers und Künstlers: Ein Instrumentalist mit Herz und unverwechselbarem Ton, dazu ein hoch befähigter Komponist, ein Liebhaber und Kenner der Kunst …….und der Kochkunst! Da boten ihm unsere alljährlichen Konzertreisen nach Menton an der Cote d’Azur alle Zutaten. Irgendwann in aller Stille hat er dann einen Rundgang durch „sein“ Menton in Töne gesetzt. Und diesen Spaziergang ließ Gerda Angermann bei uns ganz fabelhaft erklingen. Hier in ihrer Wiedergabe ein paar Schritte durch Menton zum 1.Satz: Festival de Musique.………NACH NEUESTEN DATENBANKAUSZÜGEN….
Anmerkungen zum Verstärker V72
Es begann mit Hinrich Hinrichs und seinem Gedicht „Dir“: In der Vertonung von Rudi Stephan (siehe Funkstunden-Seite) hatte ich es vor rund 20 Jahren auf eine Schallplatte gebracht. Zum Textdichter Hinrich Hinrichs war leider im Begleittext nichts zu sagen, er war (und ist) bis heute unbekannt, nicht einmal seine Lebensdaten kennt man. Es ist wohl davon auszugehen, daß er Zeitgenosse Stephans war, vielleicht sogar um unbekannte Jahre jünger. Nur der Ruf nach dem Geld machte es möglich, scheinbar endlich mehr über Hinrichs zu erfahren, denn zu meinem Erstaunen rechnete die GEMA Lizenzgebühren für das Gedicht ab.
Der entscheidende Nachsatz auf der Rechnung: Nach neuesten…..usw., siehe Überschrift, ist der Dichter GEMA-pflichtig! Sollte der GEMA gelungen sein, was der Musik-und Literaturwissenschaft bisher versagt blieb? Ich glaubte das einfach nicht und verweigerte die Lizenzzahlung. Meine Überlegung: Da es jetzt ja zu einem Prozess kommen würde, erführe ich endlich etwas über den Dichter, DAS war mir die Gerichtskosten allemal wert! Was passieren würde, war mir aber trotz kurz aufkeimender Hoffnung klar, und so kam es auch: Mit einer Postkarte erhielt ich die Mitteilung der GEMA, dass sie ihren Anspruch zurückziehe! Eine Entschuldigung las ich nicht, denn immerhin war das Ganze in meinen Augen ja ein computer-vorgeschützter Betrugsversuch!
Lange Vorrede: leider haben sich DER PC, DAS Internet, Google, WIKIPEDIA usw. vielfach zu einer nicht überprüften Respektsinstitution entwickelt. Mit Verweis auf diese Quellen oder mit dem pauschalen Satz „nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen“ lassen sich unselbständige Mitmenschen leicht überfahren, den täglichen Missbrauch nach diesem Muster in Politik und Wirtschaft schätze ich NOCH höher ein, als wir uns das vorstellen können. Nun zu „unserem“ berühmten V72! Tagtäglich liest man fehlerhafte Beschreibungen und Angaben über das Gerät im „NETZ“, und einer schreibt’s vom anderen ab. Ob in Angeboten bei ebay oder auf Homepages von selbsternannten Experten, durch die ständige Wiederholung wird es nicht richtiger. Hier deshalb ein paar Korrekturen zu dem Thema.
Im Jahre 1951 stellte H. Heyer von der Zentraltechnik des NWDR den neuen V72 ausführlich vor, mit Darstellung der Entwicklungswege von der Gestelltechnik mit V41 und V42 zum neuen Einheitsverstärker, der aufgrund seiner Ausmaße die angestrebte gestellose Technik ermöglichen sollte.
Weil in diesem Zusammenhang erwähnt wird, dass es den Schaltungsentwurf wahlweise mit den Röhren EF 40 und EF 804 s gab, geistert die Angabe herum, die erste Serie wäre mit EF 40 bestückt gewesen. Das ist nach allen mir zur Verfügung stehenden Quellen falsch. Es kann sich höchstens um einige Labormuster gehandelt haben, die beim NWDR für Erprobungs- und Messzwecke gebaut wurden. Möglicherweise waren da auch wenige mit der EF 40 bestückte Geräte dabei. Ebenfalls ist eine oft zitierte erste Serie aus der Herstellung des NWDR nicht belegbar, ein solches Gerät ist mir in 50 Jahren nicht begegnet. Die Serienfertigung lag m.W. nach der Erprobung sofort bei der Firma Maihak.
Diese Serie von Maihak umfasste 600 Geräte V72 (nicht 300, wie immer wieder falsch angegeben wird), alle mit der EF 804s bestückt. Im Besitz der Funkstunde befinden sich etwa 15 Exemplare des V72 der Fertigung Maihak mit weit verteilten unterschiedlichen Werknummern bis etwa 500. Bekannt sind mir baugleiche Stücke ab etwa Nr. 20. Mit Schreiben vom 15.9.1954 des NWDR bestätigt Herr Doktor Schadwinkel der Fa. Maihak die mit ihr für viele der Vorgänger-Geräte des V72 und den V72 bestehenden Lizenzverträge. Aus dem gleichen Brief geht weiter hervor, daß Siemens für seine anlaufende Fertigung des V72 Änderungsvorschläge gemacht hat, die der NWDR aus rechtlichen Gründen nicht an Maihak weitergeben könne.
Diese Einschränkung habe man Maihak schon am 19.1.1953 mitgeteilt. Wie es zur Einstellung der Serie bei Maihak kam, ist mir nicht bekannt. Denkbar wäre, dass die hohen Stückzahlen, die nach der Einführung des V72 gebraucht wurden, von Maihak nicht zu leisten waren. Auf der Braunbuchbeschreibung vom 15.12.1953 ist bereits ein Foto der Ausführung von Siemens, und zwar schon mit einer Werknummer über 1000. Bei Siemens wurden dann ca. 13500 Exemplare gebaut. Die 1954 mit wenigen Schaltungsänderungen verwirklichte Abwandlung zum Kommando-Mikrofonverstärker V78 lag von Beginn an bei Siemens.
UND SCHON WIEDER: BÄNDERSCHATZ GEHOBEN!
Von einem alten Freund und Mitstreiter wider die Digtitalitis kam ein riesiger Schatz ins Haus der Funkstunde:
Originale BÄNDER aus den 50/60ern aus den Studios einiger deutscher Sender! Es sind einerseits „normale“ Bänder 1/4 Zoll, zurück bis in die RRG Zeit, aber dazu auch viele Mehrspurbänder 1 Zoll. Natürlich kein Rock oder Pop, sondern Klassik und……Operette. Und dabei sind die Ur-Originale heute noch berühmter Operetten-Aufnahmen eines großen deutschen Senders. Wo kann man schon Bänder mit Fritz Wunderlich oder Peter Anders hören? Und das ohne „Digitales Remastering“, sprich keimfrei abgetötete Töne?
HIER kann man, das erfordert allerdings einen (erwünschten!) Besuch hier bei uns in Penzing.
DIE RÖHRE IM VERSTÄRKER UND KONDENSATORMIKOFON
Eine zustimmende und gleichzeitig aktive Mitwirkung anbietende Reaktion kam von unserem alten Freund und Kollegen, dem Toningenieur Ulrich Apel, nach dem Erscheinen unserer ersten Zeitung. Ich muss diesen Profi und bekannten Mikrofonspezialisten hier sicher nicht weiter vorstellen. Sein Beitrag soll sehr gerne in unsere Funkstunde, aber er ist für eine direkte Wiedergabe im Verhältnis den anderen Artikel zu lang. Hier kommt auf einen Klick aber das sehens- und lesenwerte Stück Geschichte aus der Rundfunktechnik.
Wir bedanken uns zusammen mit den anderen Lesern beim Autor!
Musik und Technik im EINKLANG der 50er Jahre
Zu den Musikerfreunden der FUNKSTUNDE, die wir in unserer Zeitung vorstellen wollen, gehört die Band RANDY RICH AND THE POOR BOYS.
Michael Kielas, einer der „poor boys“ der Band, die Rock and Roll und Country vor allem aus den 50er Jahren spielt, hat uns im November besucht. Er erzählte uns das Neueste von gestern, aber genauso von den aktuellen Ereignissen mit seiner Band. ?…gestern, das ist ja schon 20 Jahre her, sinniert M. Kielas bei Knabbernüssen und Spumante, als Randy Richter nach einem Wohnungswechsel in unsere Klasse kam, damals in Rostock, 1988, ein Jahr vor der Wende. Da waren wir 14…?. – Der Rock and Roll hatte es den beiden Schulfreunden angetan, doch sie konnten sich diese Musik nicht leisten. Platten von Elvis oder Little Richard? Die wurden in der DDR nicht gepresst, und Noten? Fehlanzeige! ?Und weil es bei uns kaum Rock and Roll gab, haben wir eben selbst angefangen, Musik zu machen? erzählt uns Michael Kielas weiter.? Randy und Michael fanden 2 Mitspieler, man verabredete sich zum wöchentlichen Probenspiel. Wo?: Der erste Übungsraum war der Trockenkeller in einem Plattenbau und befand sich direkt unter der Wohnung von Michael Kielas? Eltern. Gesang, 2 Gitarren, Kontrabass und Schlagzeug, Rock and Roll! ?Die Nachbarn haben sich nie beschwert? wundert sich Michael Kielas noch heute. 1991 gründeten die vier ihre erste Jugendband, die Crazy Boys, sie blieben bis 1995 zusammen. Ihr Programm konnte sich bald sehen, bzw. hören lassen, sie hatten 50 bis 60 Lieder im Repertoire und füllten damit einen ganzen Abend, ihre Spezialität: Hillbilly, Rockabilly, Country – möglichst nah am Original. Das ging so weiter, aber ab 1995 in anderer Besetzung. Die Band nannte sich jetzt The Shakin‘ Hoppers. 1997, nach erfolgreichen Auftritten im In- und europäischen Ausland ging auch die Ära der Shakin‘ Hoppers zu Ende. Aus vier Musikern wurden drei, als Trio traten sie noch im gleichen Jahr wieder auf, allerdings unter neuem Namen: RANDY RICH(ter) AND THE POOR BOYS. Neben dem Musikmachen gibt es ja auch noch andereDinge im Leben einer Band. Ausbildung, Beruf, Freunde und Familie, das ist Realität und muss bewältigt werden. Vor allem spielt das Geld eine wichtige Rolle. Wenn man sich auf die Musik aus den frühen Zeiten des Rock and Roll eingelassen hat, soll auch das Drumherum so original wie möglich sein. Das heißt, Instrumente, Kleidung sind noch am leichtesten zu realisieren, aber bei der Technik wird es schwieriger.
Die ersten Aufnahmen von der Band wurden mit dem Smaragd ? Heimtonbandgerät gemacht, mehr war zu jener Zeit finanziell nicht drin, aber der Sound der 50er ließ sich damit passabel wiedergeben. In Schweden, einer der Stationen der Band, gab es für sie DAS große Erlebnis: eine riesige Telefunken Bandmaschine T 9, Baujahr 1952, stand dort in einem Studio. Danach war klar, die musste her. Gesucht, gefunden. Bei der Zusammenstellung der ersten Anlage kam es zum Kennenlernen mit der FUNKSTUNDE. Bei allen elektroakustischen Geräten musste es selbstverständlich die Röhre sein! Für den Aufbau der Anlage hat Michael Kielas viel Zeit und Geduld investiert, mittlerweile ist sie komplett.
Die Band hat einige Umzüge später, von Ost nach West, von Deutschland nach Amerika und wieder zurück, und einer schöpferischen Pause von 3 Jahren, bis heute Bestand. Die T9 steht nicht mehr in Rostock, sondern in Hannover, im eigenen Tonstudio der Musiker. Hier sind auch zahlreiche LPs und CDs des Trios entstanden, die unter verschiedenen Labels erschienen. Michael Kielas sammelt seit 1993 ?alte? Technik, er hat sich vom Bastler zum Experten gemausert, reist durchs Land, um immer wieder neue ?alte? Geräte aufzutreiben, die den Sound der 50er noch präziser wiedergeben.
Bei uns in der FUNKSTUNDE ist er da richtig, wir verfolgen ähnliche Ziele. Ein Musikus lässt sein Instrument selten zu Hause, auch wenn er privat unterwegs ist. Geübt wird immer, Musik ist sein Beruf. Michael Kielas erschien diesmal mit seiner kleinen Trommel bei uns, das letzte Mal hatte er seinen Kontrabass dabei. Unser „Elvis“ ist auch gut bei Stimme. Wir hören ihn von überall her. Kommt sein Gesang nun aus dem Lautsprecher oder singt er gerade „Live“ Auf die Pläne fürs nächste Jahr angesprochen, blickt Michael Kielas erst einmal zurück: Die Band war enorm kreativ und fleißig, ihr Programm umfasst über 300 Titel und 50 Eigenkompositionen; 2 davon sind gerade auf Vinyl erschienen. RANDY RICH AND THE POOR BOYS sind durch 15 Länder Europas und 25 Staaten Amerikas getourt. Absolute Highlights waren ihre Auftritte in Hemsby und Las Vegas auf den wohl größten Festivals der Rock and Roll Szene.
Und wie geht es nun weiter? ?2008 wollen wir mehr Eigenaufnahmen herausbringen, und die möglichst auf Vinyl?. Auftritte in Nah und Fern sind wieder geplant, viele stehen bereits fest.
Die FUNKSTUNDE wünscht viel Erfolg!
SUCHE…….
Wer ist schon zufrieden, mit dem was er hat? Ein Wunsch zieht leider den nächsten nach sich!
Hier wären mal zwei zu nennen:
Ein völlig unvergessener musikalischer Begleiter meiner Jugend war HANS BUND. Seine Sendestunden im WDR habe ich selten versäumt. Für ihn habe ich schon vor 50 Jahren den Begriff Kammermusik der U-Musik erfunden. Seit Jahren schlagen sämtliche Versuche fehl, vom WDR Bandkopien vom Orchester Hans Bund zu bekommen, den Gesprächen entnehme ich auch, daß wohl alle seine Aufnahmen digital zerstört wurden. Also: WER hat vielleicht noch alte Mitschnitte aus den 50ern vom WDR mit Hans Bund?
Wer hat eines und würde es uns überlassen? Eine „passendes“ Umfeld wäre gegeben…….
ZUM SCHLUSS:
Allen Freunden ein gutes und gesundes neues Jahr! Eine Einladung zum geplanten ersten Kammermusik-Konzert im März bei der Funkstunde kommt separat, ebenso die Fertigmeldung unseres Internetradios.
Ihre Funkstunde:
Monika Wersche und Johannes Brüning, der auch für den Inhalt verantwortlich ist.