Rudi Stephan

Komponist, geboren am 29. Juli 1887 in Worms und gefallen am 29. September 1915 bei Tarnopol/Galizien.

Aquarell, Rudi Stephan

Aquarell, Rudi Stephan


„Präludium und geharnischte Fuge, geschrieben an der Wende des eisernen Jahres 1914/1915“

Paul Scheinpflug (1925)

Paul Scheinpflug
(1925)

„Rudi Stephan war derjenige, der kommen sollte, er war es, auf den wir hofften … Er war derjenige, welcher berufen war, alles Tastende in der Modernen Musik zu einem großen künstlerischen Werk zu sammeln und ihr eine neue Richtung zu geben. Für mich persönlich ist Rudi Stephans „Musik für Orchester“ das Größte und Tiefste in der modernen Musik. Ich bin ergriffen und erschüttert jedesmal, wenn ich dieses Werk höre, ja nach jeder Wiederholung.“

Rudi Stephan

Rudi Stephan

Etwa 25 Jahre nach der Äußerung des Dirigenten Scheinpflug hörte ich zum ersten mal den Namen Rudi Stephan. Auf echt berlinerisch gab mir mein damaliger Lehrer Fritz Görlach, legendärer Konzertmeister beim Rias Sinfonieorchester unter Ferenc Fricsay, inmitten einer Unterrichtsstunde den Rat: „Hänseken, Rudi Stephan Musik für Geige und Orchester, DAS ist deine Masche …“ Ich war ein 10 Jahre alter kleiner Geiger, was sollte ein Kind, das gerade anfing, sich mit der Welt von Bach und Mozart bekannt zu machen, mit diesem Rat anfangen? Noten hatte zu der Zeit niemand und die Zeit des „Runterladens“ war noch weit entfernt! Und hören konnte man die Musik nirgendwo. Aber vergessen hatte ich den Rat Görlachs nicht, bis mir in den 70ern in einem Antiquariatskatalog eine kleine Partitur der Musik für sieben Saiteninstrumente auffiel.

Bestellt – Gelesen – und es war wie ein Wiedererkennen! Hatte mein Lehrer, mit einer unfehlbaren „Nase“ ohnehin ausgestattet, richtig erkannt, daß ich eine Verwandtschaft zur Musik Rudi Stephans entdecken würde? Das Ergebnis war die erste Rundfunk – und Plattenaufnahme des Werkes nach dem Kriege und etliche Konzertaufführungen desselben zusammen mit meinem Streichquintett collegium con basso und den Gästen Wolfgang Kaiser, Klavier  und der Harfenistin Anita Felzmann. Wir spielten die Musik auch 1983 anläßlich der Hamburger Rudi Stephan Veranstaltung „Und dann war Krieg….“Und ebenfalls 1983 veranstaltete das Radio Sinfonie Orchester Berlin ein Symposion zu Stephan und mir wurde die Ehre zuteil, die kurz zuvor von der Stephan – Forscherin Juliane Brand wiederaufgefundene „Groteske für Violine und Klavier“ zusammen mit Carol Tainton uraufführen zu können.

Das Stück galt als Verloren durch ein Feuer, das am Ort der „sicheren“ Aufbewahrung in Worms duch Kriegseinwirkung ausbrach.

Hermann Unger

Hermann Unger

Vor etlichen Jahren stellte sich heraus, daß mein früher Lehrer Hermann Unger, über den ich selbst Enkelschüler von Max Reger bin, mit Stephan befreundet war. Mit weiterer intensiver Beschäftigung mit dem Komponisten fanden sich immer mehr indirekte Brücken. Ein Wort zur Musik: Ein ausübender Musiker wie ich hat sicher einen anderen und unmittelbareren Zugang zu einem Werk als ein Theoretiker oder Wissenschaftler, und daher es ist sehr schwer, die Musik, die einen bewegt, mit Worten zu beschreiben. Analysen der Form oder des Aufbaues eines Werkes haben ganz sicher ihren (trockenen) Wert, aber spätestens seit jenem putzigen „Streit“ zwischen Paul Bekker und Hans Pfitzner ist klar, daß mit Strukturanalysen dem Wesen einer Musik und ihren sprechenden Kraft nicht beizukommen ist.

 Wäre es so, könnte man aus solchen Untersuchungen  herauslesen, ob ein wunderbar streng und „originell“ nach allen Regeln der 12-Tontechnik zusammengedrechseltes Machwerk tatsächlich Musik ist … kann man nicht, und ist es ohnehin nicht (Wird aber immer wieder in „Einführungen“ versucht).

Diese Seite wiederholt nicht unnötig umfangreiche biographische Informationen zu Rudi Stephan, es gibt dazu hervorragende Buchveröffentlichungen.

Von Juliane Brand ist z.B. der Band: Komponisten in Bayern – Rudi Stephan aus dem Verlag Hans Schneider, Tutzing.

Der Dramaturg Wolfgang Willaschek gab mir aber die freundliche Erlaubnis, seinen Beitrag“ Neues schaffen aus Nichts – Leben und Werk Rudi Stephans“ hier wiederzugeben. Es gelang dem Autor, in einem kurzen Text Lebensdaten und Umrisse der Werkgeschichte Stephans mit Bezug auf das beginnende 20. Jahrhundert eindringlich darzustellen.

Fragen, auch zu biographischen Details, beantworte ich jederzeit, soweit mir Material zur Verfügung steht. Die Sammlung meiner Funkstunde verdanke ich zuerst dem ehemaligen Leiter des Stadtarchivs Worms, Herrn Dr. Fritz Reuter. Er überließ mir Kopien großer Teile des Wormser Bestandes zu Stephan. Und ich konnte weitere Dokumente, Bilder, Aufführungsberichte, Partituren, eine liebevolle Arbeit von Elisabeth Rave über die Lieder und weitere Arbeiten über Stephan zusammentragen. Zur Vorbereitung von Aufführungen kann ich sicher im Einzelfall Hilfestellung geben.

Einer immer wieder wie ein zwanghafter Reflex auftauchenden Spekulation, meist von denjenigen in’s Spiel gebracht, die es in der Musik nicht weiter als bis zum Redaktions-Schreibtisch gebracht haben, aber wohl deshalb auch so aufgeschlossen für jeden Unfug sind, möchte ich entgegentreten: Die meist nicht in der Musik, sondern in den Medien machthabenden Mitläufer der 2. bis x-ten neuen Wiener Schule, die Buchhalter und Statistiker der Musik (Alois Melichar), hätten allzugerne einen „richtigen“ Komponisten als Konvertiten in ihren Reihen, was sie sich als mögliche Entwicklung Rudi Stephans ausmalen, hätte nicht der Soldatentod sein Leben mit 28 Jahren abgebrochen. Einem Musiker stellt sich diese Frage erst gar nicht, denn die Antwort gab Stephan für jedes offene und unverbildete Ohr schon vorher am Ende des 1. Aktes seiner Oper „Die ersten Menschen“: Zum „Heilig ist Gott“ steigt ein unendliches C-Dur auf ins Licht, zum Licht der Sonne, deren Spektrum – C-Dur ist! Warum sollte ein Komponist, dem eine persönliche und reiche Harmonik zu Gebot stand, das gegen sinnlose Tonkonstruktionen eintauschen?

Für einen ausübenden Musiker ist die praktische Seite im Umgang mit einem Komponisten ohnehin wichtiger, denn wenn er den inneren Zugang zu einem Werk/Komponisten hat, braucht er nur noch – Noten und sachliche Informationen. Auf der folgenden Seite finden Sie das meines Wissens einzige vollständige Werkverzeichnis im Internet und Angaben zu Notenmaterialen.

Wir danken dem Stadtarchiv Worms für die freundliche Erlaubnis, die Bilder von Rudi Stephan wiederzugeben.